Wie denken die Studenten über ihre Wahlen? Während die einen auf eine möglichst hohe Wahlbeteiligung hoffen, um zumindest auf Universitätsebene ihre politischen Interessen zu wahren, geben sich die anderen abgestumpft. In den letzten Jahren blieb die Wahlbeteiligung mit rund 30 Prozent mehr als lau. Die "Wiener Zeitung" hat sich an einigen Wiener Universitäten vorab umgehört, wie es diesmal aussieht.
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David (20 Jahre) wünscht sich "eine g'scheitere Studentenvertretung. Im Moment hat sie kein allzu großes politisches Gewicht. Ich werde aber trotzdem - oder vielleicht gerade deshalb - wählen gehen." Wen, das weiß er noch nicht ganz genau, "wahrscheinlich GRAS, weil ich sonst auch eher ein Grüner bin", meint der angehende Humanmediziner.
Unzufrieden mit der ÖH ist auch Mario (28, Sonderheilpädagogik, 10. Semester): "Die Hochschülerschaft wird politisch immer irrelevanter. Das liegt allerdings auch zum Teil an den Studenten selbst - bei 30 Prozent Wahlbeteiligung darf man sich nicht allzu viel erwarten." Außerdem gebe es auch zu viel parteipolitischen Druck von außen, meint er, während er sein Fahrrad am Baugerüst ankettet. Mario wird jedenfalls zur Urne schreiten. Für wen genau, das hat er noch nicht entschieden: "Wahrscheinlich GRAS."
Eine weitaus höhere Meinung von seiner Studentenvertretung hat Psychologiestudent Christoph (20, 4. Semester), der sich als KSV-Wähler outet: "Ich wähle sonst auch immer die KPÖ - aus Überzeugung." Seiner Meinung nach "bringt die ÖH durchaus das, was sie verspricht. Ich bin zufrieden."
Für wen er stimmen wird, weiß auch der 21-jährige Ferdinand: "Ich werde die Aktionsgemeinschaft oder den RFS wählen, denn die machen Studentenpolitik und nicht Landespolitik. Das heißt, dass ihnen Übergangsfristen wichtiger sind als Abfangjäger," sagt der Medizinstudent im vierten Semester. Sein Kommentar zur ÖH: "Gut für ausgearbeitete Prüfungsfragen, mehr aber nicht."
Hanna (22, 6. Semester Biologie), fühlt sich von der ÖH verschaukelt: "Die letzten Wahlversprechen waren nur Seifenblasen. Und ich fürchte, auch jetzt wird sich nicht viel ändern." Dennoch will sie ihre Möglichkeit zur Mitbestimmung wahrnehmen. Auch Martin (18) möchte das, wenngleich er noch keine Ahnung hat, wem er seine Stimme geben soll. Im Grunde jedoch, meint der Jusstudent (2. Semester), seien die Gewichtsverhältnisse innerhalb der ÖH gar nicht so wichtig, "Hauptsache es gibt überhaupt eine Studentenvertretung. Lieber eine schwache ÖH als gar keine."
Die 22-jährige Geschichte- und Keltologiestudentin (7. Semester) Dani meint bestimmt: "Es ist wichtig, dass man bei Dingen, die einen direkt betreffen, die Möglichkeit und das Recht in Anspruch nimmt, mitzubestimmen und zu sagen, was einem passt und was nicht." Deshalb nützt sie nicht nur ihr aktives, sondern auch ihr passives Wahlrecht und kandidiert für die Studienrichtungsvertretung Geschichte. "Ich hoffe, dass durch die vergangenen Aktionen der ÖH wie die Antikriegsdemo und Demonstrationen gegen die Studiengebühren und das Universitätsgesetz die Studierenden aufgerüttelt worden sind und wählen gehen." Für Gábor (25, 6. Semester Geschichte und Philosophie), der ebenfalls für die Studienrichtungsvertretung Geschichte kandidiert, ist es wichtig, hinter die Kulissen eines Universitätsbetriebes zu schauen, denn "die getroffenen Entscheidungen haben direkte Auswirkungen auf die Lehre".
Ronald (23, 7. Semester BWL/WU) hingegen gibt an, keine Zeit zu haben, um sich mit Unipolitik zu befassen. Er sei in erster Linie berufstätig und erst in zweiter Linie Student. Würde er wählen gehen, gäbe er seine Stimme der AG, denn die habe seiner Ansicht nach viel getan. Elisabeth (21), Lidia (21) und Lukas (22) - alle drei studieren im 6. Semester Handelswissenschaften auf der WU - sehen das anders: "Auf den Plakaten steht, was die AG nicht alles für uns erreicht hat, aber wir merken davon nichts", zeigen sie sich von der Fraktion wenig begeistert. Trotz Studiengebühren und ÖH-Beitrag gebe es zu wenig Lehrveranstaltungsplätze und Prüfungstermine. Wählen wollen die drei gehen, "damit die AG an der WU abgelöst wird."
Michael (24, 8. Semester Architektur/TU) und Philipp (24, 2. Semester BWL/WU) wollen entweder GRAS oder LSF ihre Stimmen geben - weil die AG "ÖVP-verseucht" sei und weil sie von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen wollen. Den Liberalen sollen wenigstens auf Uni-Ebene eine Chance gegeben werden. Michael hofft auf eine hohe Wahlbeteiligung, "obwohl es unserem Kanzler egal ist, was auf Uni-Ebene passiert. Ihm ist es ja auch egal, wenn 200.000 Menschen bei strömendem Regen auf die Straße gehen."