Gestern begann die Parlamentarische Behandlung des Bildungsvolksbegehrens in einem eigenen Unterausschuss. Über den Zustand des heimischen Bildungssystems scheint keine Einigung zwischen Regierung und Opposition möglich, an der Gesamtschule entzünden sich die letzten ideologischen Überbleibsel in der heimischen Bildungsdiskussion.
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Bildung ist für jede Opposition ein dankbares Thema: Schließlich ist jeder dafür und keine Regierung der Welt kann hier genug leisten. Entsprechend sind auch die Rollen in der heimischen Bildungsdiskussion verteilt: SPÖ und Grüne werfen der Regierung "Bildungsabbau" vor, während ÖVP und FPÖ auf das relativ gute Abschneiden des österreichischen Bildungssystems in internationalen Vergleichsstudien verweisen.
Zur laufenden Diskussion über die AHS-Oberstufenreform gesellt sich nun seit gestern die parlamentarische Behandlung des Bildungsvolksbegehrens, das von rund 173.000 Wahlberechtigten unterstützt wurde. Dessen Hauptforderungen lauten: Neue Formen der Kooperation zwischen den verschiedenen Schulformen, Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen, Einführung der Vollzeitberufsschule, Streichung der Studiengebühren.
"Keine Bildungselite in Österreich"
Bereits am Mittwoch haben die Initiatoren des Volksbegehrens unter dem Titel "keine Bildungselite in Österreich" nochmals ihre Sicht der österreichischen Bildungssituation dargelegt. Sie befürchten einen Trend in die Richtung, dass Bildung vermehrt von den finanziellen Möglichkeiten der Eltern abhängig gemacht wird. Für Reinhard Dumser vom "Sozialdemokratischen LehrerInnenverein Österreich" arbeitet daher die Regierung einem "freien Bildungszugang für alle entgegen". Die in der PISA-Studie aufgezeigte mangelnde Effizienz der Bildungsausgaben in Österreich resultiert für Dumser im Umstand, dass sämtliche Länder, die hier vor Österreich liegen, die Gesamtschule eingeführt hätten.
Eine Interpretation, der VP-Bildungssprecher Werner Amon energisch widerspricht. Für ihn kommt etwa die Evaluation der Wiener Schul-Modelle zum Schluss: "Ausser Spesen nichts gewesen". Die Untersuchung habe keine Vorteile kooperativer Schulformen gezeigt. Entsprechend ablehnend reagiert er auf ein kolportiertes Junktim der SPÖ, wonach sie ihre Zustimmung zur AHS-Oberstufenreform mit der Einführung kooperativer Formen zwischen Hauptschule und AHS-Unterstufe verküpfen wolle. SP-Bildungssprecher Dieter Antoni dementierte, beharrte aber auf der Ausweitung von Kooperationsformen. Abgelehnt wird von Amon auch die Vollzeit-Berufsschule. Eine Abschaffung der dualen Ausbildung komme für die ÖVP nicht in Frage.
Gesprächsbereitschaft herrscht demgegenüber in Sachen Klassenschülerhöchstzahlen. Hier kann sich Amon die Abschaffung der 20-prozentigen Überschreitungsklausel vorstellen, nicht jedoch eine generelle Absenkung von 30 auf 25 Schüler pro Klasse. Letzteres würde Mindestinvestitionen von 2,5 Mrd. Euro verlangen.
Für Studiengebühren, gegen Lehrer-Pragamatisierung
Laut "FORMAT" befürworten übrigens 53 Prozent der Österreicher die Studiengebühren, 59 Prozent sprechen sich gegen eine Pragmatisierung von Lehrern aus.