Die Entwicklung unserer Steuergesetze birgt für Steuerforscher immer wieder Überraschungen. Einer dieser Forschungsbereiche war jüngst die Besteuerung der ärztlichen Sonderklassegebühren. Im Vorjahr hat das Höchstgericht diese ärztlichen Nebeneinnahmen wieder einmal neu positioniert. Die Finanz hat nun in einem "Wartungserlass" zu den Einkommensteuerrichtlinien die Meinung der allerhöchsten Juristen übernommen. Demnach gibt es künftig aus steuerlicher Sicht drei Klassen von Klassegebühren.
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Vor 1989 war die Sache noch relativ einfach: Sonder-klassegebühren wurden beim ärztlichen und nichtärztli-chen Krankenhauspersonal als mit dem Dienstverhältnis mittelbar zusammenhängende "Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit" eingestuft und unterlagen - mangels Lohnsteuerabzug - der jährlichen Einkommensteuerpflicht. Gegen diese Einteilung maulten vor allem die Ärzte, weil sie in dieser Steuerkategorie nur wenige, oft überhaupt keine (zusätzlichen) beruflichen Ausgaben absetzen konnten.
SV-Beiträge von Klassegeldern
Dank der kräftigen Ärztekammer-Lobby ließ sich die Finanz 1989 dazu überreden, die Nebeneinkünfte der Ärzte als Quasi-Freiberufler-Einkünfte, also als solche aus "selbständiger Arbeit" zu qualifizieren. Diese Demarche der Kammer führte aber ab 2000 zu einer unerfreulichen Nebenwirkung. Die Sozialversicherungsanstalt, von der Finanz über die Klassegeldeinnahmen der Ärzte bestens informiert, begann von diesen Gebühren Krankenversicherungsbeiträge einzufordern.
Die Ärzte waren plötzlich nicht nur ASVG-versichert (zufolge ihres Dienst-verhältnisses), sondern mussten zusätzliche Beiträge an die Freiberufler-Krankenversicherung entrichten. Wer die Höhe der GSVG-Beiträge kennt, weiß, dass das wehtut, auch den gutverdienenden Klasse-Leuten unter den Klassegeldverdienern.
Ein "Arbeitslohn von dritter Seite"
Einer, dem angesichts einer solchen Beitragsvorschrei-bung der Faden riss, ging zum Verwaltungsgerichtshof und reklamierte die Klassegebühren wieder in die Kategorie der nichtselbständigen Einkünfte zurück. Das Höchstgericht gab ihm Recht, weil es davon ausging, dass die jeweilige Krankenanstalt die Klassegelder zunächst im eigenen Namen vereinnahmt und dann an die betreffenden Ärzte weitergibt. Wenn dem so ist, so der Gerichtshof sinngemäß, dann sind diese Gelder keine Freiberufler-Einnahmen, sondern wachsen im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis zu, sind also zusätzliche nichtselbständige Einkünfte. Sie sind zwar nicht lohnsteuerpflichtig (weil ein Lohnsteuerabzug hier nicht in Frage kommt), aber eben einkommensteuerpflichtig; also "Arbeitslohn von dritter Seite".
EStG-Vorschrift wurde eingeschränkt
Die im Einkommensteuergesetz enthaltene Ansage, dass Klassegelder Einkünfte aus selbständiger Arbeit zu sein haben, wurde auf jene eher selteneren Honorarbe-träge eingeschränkt, die direkt zwischen Patient und Arzt fließen, also nicht über die Kasse des Krankenhauses laufen.
Unverändert bleibt die Behandlung jener Klassegelder, die dem nichtärztlichen Personal zufließen, weil diese Gelder im Regelfall völlig außerhalb der Krankenhausverrechnung zufließen. Es sind Klassengeld-Anteile, die von den Primarii, Ober- und Assistenzärzten auf freiwilliger Basis aus ihrem eigenen Klassegeldfundus weitergegeben werden. Zu diesem nichtärztlichen Personal gehören etwa das Behandlungspersonal auf den Stationen, die medizinisch-technischen Mitarbeiter, die Labor- und Röntgenassistenten, Therapeuten, Hebammen, usw.
Drei Klassen bei Klassegebühren
Nach dieser steuerlichen Neuausrichtung der Sonderklassegebühren (die mitunter auch von Nicht-Klassepatienten bezahlt werden müssen) ergibt sich folgendes Bild:
1.Klassegebühren an ärztliches Personal (Primarii, Ober-, Assistenzärzte, usw.), die im Wege der Krankenhauskasse vereinnahmt und ausbezahlt werden, sind von den Empfängern in der Einkommensteuererklärung den Gehaltseinkünften zuzurechnen und als "Arbeitslohn von dritter Seite" einkommensteu-erpflichtig. (Kennziffer 359 in der Einkommensteuererklärung).
2.Klassegebühren an ärztliches Personal, die direkt von den behandelten Patienten an ihre ärztliche Betreuer bezahlt werden, sind solche aus "selbständiger Arbeit" und sind außerhalb der Gehaltseinkünfte als "Arbeitslohn von dritter Seite" zu versteuern. (Steuerformular E1a).
3.Klassegebühren (bzw. Anteile davon), die dem nichtärztlichen Personal (meistens aus den Klassegeldeinnahmen ihrer ärztlichen Chefs) zukommen, sind in der jährlichen Einkommensteuererklärung als zusätzliche (nicht lohnsteuerpflichtige) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, als "Arbeitslohn von dritter Seite", anzusetzen. (Kennziffer 359).
Rückforderung von GSVG-Beiträgen?
Die neue Rechtsansicht gilt ab sofort. Ob es sinnvoll ist, die neue Positionierung auch für die Vergangenheit zu reklamieren (etwa anlässlich einer Steuerprüfung), muss im Einzelfall entschieden werden.
Hinsichtlich der bisherigen (zusätzlichen) Sozialversicherungspflicht sind Versicherungsjuristen der Meinung, dass eine Beitragsrückforderung bei der Versicherungsanstalt Erfolg haben könnte, weil man dort bisher von einer unzutreffenden steuerlichen Einstufung ausgegangen ist. Dazu könnte die Lobby der Ärztekammer-Juristen wieder aktiv werden.