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Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses

Von Cornelia R. Kowalski

Politik

Berlin - Die Debatte um das Berliner Stadtschloss ist so alt wie die deutsche Einheit. Jeder wollte bisher etwas anderes: Wiederaufbau des Originals, moderner Neubau, ein Mix von beidem oder die Rekonstruktion des zu Honeckers Zeiten errichteten "Palastes der Republik".


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Seit vor einem Jahr Parlament und Regierung an die Spree gezogen sind, gehen die Streitigkeiten in die harte Phase. Spätestens als Gerhard Schröder (SPD) in sein provisorisches Kanzleramt am Schlossplatz einzog und so sein täglicher Blick auf die verödete Umgebung fällt, wurde auch den Politikern klar, dass der jetzige Zustand unhaltbar ist und eine Lösung her muss. Und diese geht immer mehr in Richtung Wiederaufbau.

Vor 50 Jahren - am 7. September 1950 - wurde der im Krieg stark beschädigte Schinkel-Bau gesprengt. Mit 13 Tonnen Dynamit machte die gerade ein Jahr alte DDR-Regierung Platz für einen Aufmarschplatz Moskauer Prägung. Das "politisch inkorrekte Zeugnis der Vergangenheit" zerfiel in 150.000 Kubikmeter Schutt und Asche. In den 70er Jahren entstand auf den Umrissen des Schlosses der "Palast der Republik", in dem auch die DDR-Volkskammer tagte. Nach der Wende wurde der Bau asbestsaniert und steht heute als blinde Ruine mitten im Herzen der Hauptstadt zwischen dem Sitz des Regierenden Bürgermeisters und dem Auswärtigen Amt.

Die exponierte Lage des Platzes entlang der "Protokollstrecke" ließ die Politiker aller Parteien - mit Ausnahme der PDS - heuer zur Erkenntnis kommen, dass ein Wiederaufbau der richtige Weg ist. Allerdings scheiden sich noch immer die Geister am Finanzierungs- und Nutzungskonzept. Zirka 1,5 Mrd. DM (767 Mill. Euro/10,55 Mrd. S) würde die Rekonstruktion des Originalbauwerkes kosten, was bei der derzeitigen Kassenlage beim Finanzminister kaum durchgehen dürfte.

So setzen die Liberalen ganz auf private Finanzierung sowie teilkommerzielle Nutzung und werden dabei von der Union unterstützt. Die Grünen hingegen, bis dato eher Gegner eines Wiederaufbaus, möchten Bund und das Land Berlin in die Pflicht nehmen und außerdem die Europäische Union für eine Mitfinanzierung gewinnen. Dafür sollte dann im historischen Teil des Schlosses eine internationale Organisation einziehen.

Der Regierungspartner SPD hält sich momentan noch mit konkreten Vorschlägen zurück. Die Partei möchte aber den gesamten Schlossplatz eher als Brücke zwischen Vergangenheiten und Zukunft sehen.

Die Sachsen machen den Preußen allerdings vor, wie man ein solches Großprojekt realisieren kann. Die Dresdner Frauenkirche, in den letzten Kriegstagen völlig zerstört, nimmt nämlich wieder Gestalt an. Auch hier gab es Anfang der 90er Jahre viele Bedenken gegen einen Wiederaufbau. Selbst die Landeskirche wollte den Trümmerhaufen lieber als Mahnmal erhalten. Doch die Dresdner packten die Sache in Eigeninitiative an und gründeten einen Förderverein sowie eine Stiftung mit mittlerweile weltweit rund 10.000 Mitstreitern.

250 Mill. DM betragen die Baukosten für die Wiederherstellung der Kirche. Bis jetzt wurden bereits 185 Mill. DM zusammengetragen, wovon 125 Mill. aus privaten Spenden kommen. Mit Stifterbriefen der Dresdner Bank kann man symbolisch einen Stein adoptieren, wie dies zum Beispiel Königin Beatrix getan hat, und die Ideen gehen den "Freunden der Frauenkirche" offenbar nicht aus. Meißener Kristall und Porzellan, Seidentücher, Krawatten und selbst Torten sorgen stetig für das Füllen des Fonds. Der Renner unter den Frauenkirchen-Devotionalien ist aber nach wie vor die Armbanduhr mit dem Zifferblatt aus Sandstein, gewonnen aus den Kirchentrümmern, von den bislang 350.000 Stück verkauft wurden.