)
Die jüngsten Asyl-Vorschläge stellen einen Griff in die politische Mottenkiste dar.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 7 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Vor kurzem wurde wieder einmal die Schaffung von EU-Lagern in Libyen, Senegal, Mali und auch Afghanistan zur Diskussion gestellt: Nur dadurch, so etwa Kanzler Christian Kern, könne die EU dem Migrationsansturm Herr werden. Dies ist ein Rückgriff auf das gängige Externalisierungskonzept: Asyl- und Arbeitssuchende sollen möglichst frühzeitig und schon weit vor den EU Grenzen abgefangen werden. Den ehemaligen Manager Kern locken dabei wahrscheinlich die Überlegungen hinsichtlich Outsourcing und Offshoring. Oder einfach gesagt: Man versucht die Hauptlast bei der Überwachung der EU-Außengrenzen anderen, nichteuropäischen Ländern aufzubürden.
Im Wesentlichen besteht diese Externalisierung in einem flexiblen Abwehrmechanismus, der auf immer weiter von den EU-Grenzen entfernte Gebiete ausgedehnt wird. Zentrale Elemente sind dabei einerseits die Auslagerung von Aufgaben (etwa der Grenzkontrollen), andererseits die Etablierung gewollter einschlägiger Rechts- und Verwaltungsstrukturen in den betreffenden Ländern.
Zentrales Element in diesem Prozess ist das sogenannte Lagerkonzept - eine Maßnahme, um internationale Migranten an der Einreise in die EU zu hindern oder zurückgeschobene Migranten zu internieren. So verwundert es keineswegs, dass der Kanzler fast reflexartig gerade die Einrichtung solcher Lager (möglichst weit im Vorfeld der eigentlichen EU-Außengrenzen) gefordert hat. Österreich ist traditionell ein vehementer Verfechter dieses Konzepts: Bereits 2006 hat die damalige Innenministerin Liese Prokop während der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft mit einem diffusen Lagerkonzept dafür Stimmung gemacht. Als sie auf Widerstand und Ablehnung stieß, verlor sie zwar schnell wieder das Interesse daran - da Verwaltung und Ministerien hierzulande jedoch ein langes Gedächtnis haben, greift man immer wieder gern in die Mottenkiste und präsentiert verstaubte Konzepte als neu und innovativ. Im Rahmen der Vorbereitungen auf die nächste österreichische EU-Ratspräsidentschaft hat nun auch das Kanzleramt auf eine solche alte Innovation zurückgegriffen.
Dieser Vorgang lässt jedenfalls Schlimmes befürchten für die Zeit des österreichischen Ratsvorsitzes in der zweiten Jahreshälfte 2018. Offensichtlich ist man gewillt, mit alten und überholten Konzepten in die Diskussion zu gehen. Es hat seine Gründe, warum die österreichische Lagerinitiative 2006 gescheitert ist.
Und spätestens nach den in der Folge gemachten internationalen Erfahrungen mit dem Lagerkonzept sollte sich jegliche politische Diskussion darüber erledigt haben: Die Kooperation mit Libyen während des Regimes von Muammar al-Gaddafi endete in einer Katastrophe, und auch das immer wieder zitierte australische Modell mit Internierungslagern auf vorgelagerten Pazifikinseln ist gescheitert. Trotz massiver finanzieller Anreize findet sich kein Land für ein Umsiedlungsabkommen. Flüchtlinge und Migranten, die dort leben- teilweise schon seit Jahren -, müssen gegen ihren Willen festgehalten werden. Glaubt Österreichs Bundeskanzler wirklich, dass das die Lösung ist?