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Wiedergeburt der Polaroid

Von Claudia Peintner

Wirtschaft

Sofortbildkamera kommt 2010 wieder in die Regale. | Wiener fertigt in alter Polaroid-Fabrik Filme für Weltmarkt. | Die Mitarbeiter sind dieselben, die Technik eine neue. | Wien. Mit Spannung beobachteten die Menschen, wie sich die Folie in den Händen zu verändern begann. Nach einer Minute wurden Schatten sichtbar, nach weiteren Augenblicken Farben und Gesichter. Wie sich ein Polaroid-Foto entwickelt, ist ein Stück Fotografiegeschichte. 2008 verkündete das bereits zum zweiten Mal in die Pleite geschlitterte Unternehmen das Aus für die Polaroid-Ära. Im holländischen Enschede verließ der letzte Film das Fließband. Das digitale Zeitalter sei nicht aufzuhalten, sagten die Manager zum Abschied.


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Ein passionierter Polaroid-Knipser aus Wien startete daraufhin eine Firma mit dem ironischen Namen The Impossible Project. Zu einem relativ günstigen Preis kaufte der Filmhändler Florian Kaps die verlassene Filmfabrik samt Maschinen und Gabelstaplern. Sein ambitioniertes Ziel: Die Rettung der Sofortbildkamera. Jener Kamera, die 1947 in New York erfunden wurde und in den 70ern der Polizei an Tatorten und Wissenschaftern zum Fotografieren ihrer Labor-Ergebnisse diente. Was zunächst wie ein Hirngespinst des Österreichers klang, hat gute Chancen auf Erfolg.

Zweimal überlegen,bevor man abdrückt

Anfang dieser Woche präsentierte die amerikanische Summit Global Group ihr Vorhaben, im kommenden Juni die Sofortbildkamera wiederherzustellen.

Mit dem Erwerb der erforderlichen Lizenz darf das Unternehmen aus Salt Lake City nun fünf Jahre lang die analogen Fotoapparate unter der Marke Polaroid verkaufen. Die passenden Filme dafür soll das Team von Impossible Project liefern.

In Enschede hat Kaps, ein promovierter Biologe, bereits vergangenen Herbst 14 Ex-Polaroid-Mitarbeiter angestellt. Dank des Auftrages soll der Trupp 2010 auf 40 Personen aufgestockt werden. Zur Belegschaft zählen Elektroniker, Mechaniker und Chemiker - einige von ihnen hätten bereits in Frühpension gehen können. Dass der neue Chef so an das Produkt geglaubt hat, hat sie nach eigenen Aussagen zur Rückkehr motiviert. Außerdem sei das junge Unternehmen deutlich besser als all die Investoren, die nur Interesse an der prestigeträchtigen Marke gehabt hätten.

Gemeint ist damit vor allem der letzte Eigentümer. Die Petters Group aus Minnesota drängte Polaroid auf den digitalen Markt. Die Amerikaner - mit dem Verkauf von Billig-Toastern und -Kaffeemaschinen reich geworden - benutzten den Namen dafür, Flatscreens und DVD-Player aus China anzubieten.

Dies hätte dem mittlerweile verstorbenen Polaroid-Erfinder Edwin Land wohl übel aufgestoßen. In Erinnerung bleibt vielen Weggefährten, dass Land 1991 wegen Patentverstößen von Kodak rund 910 Millionen Dollar Strafzahlung erstritt und einen Teil der Summe dann unter den Mitarbeitern verteilte.

Es sind Lands Fußstapfen, in die Impossible Project treten will: Ganz im Retro-Stil spezialisiert man sich ausschließlich auf die Herstellung jener Filme, die direkt nach Knopfdruck fix und fertige Fotos produzieren, die sich selbst entwickeln.

Jeder Film enthält einkleines Chemielabor

Anfang 2010 will The Impossible Project einen Schwarzweiß-, Mitte des Jahres einen Farb-Sofortbildfilm auf den Markt bringen. Der Vertrieb ist via Internet und ausgesuchte Händler in Amerika, Europa und Asien geplant. Billiger als heute dürfte der Film jedoch nicht werden: Man strebe einen Preis zwischen 17 und 20 Euro für zehn Bilder an, heißt es.

Die Hoheit über das Tagesgeschäft in Eschede hat André Bosman. Eigentlich hätte der langjährige Produktionsleiter von Polaroid 2008 die Zerstörung der Fabrik veranlassen sollen - heute ist er der zweite Geschäftsführer.

Mit 100.000 Euro handelte er eine recht günstige Jahresmiete für die 14.000 Quadratmeter großen Hallen heraus. Dort, wo einst 200 Menschen werkten, forschte Impossible Project monatelang nach neuen Inhaltsstoffen für den Film.

Im weißen Rahmen jedes Bildes ist eine Paste enthalten, die aus 35 Chemikalien und anderen Materialien besteht. Jene Chemikalien, die Polaroid früher benutzte, sind inzwischen teils verboten und nicht mehr im Umlauf.

Florian Kaps äußert sich zur Kooperation mit den neuen Kamera-Herstellern aus den USA eher bescheiden: "Wir sind stolz, mit unserer unermüdlichen Arbeit die Grundlage für ein Comeback von Polaroid als Sofortbildkamera-Produzent geschaffen zu haben."