600 Flüchtlinge werden vom Bund in Erdberg und der alten WU versorgt.
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Wien. Auf dem grauen Betonungetüm in Wien-Erdberg hängt eine riesige Plane: "Parkplatz gesucht?" Und vielleicht hat ja diese Plane die Beamten im Innenministerium auf die Idee gebracht, aus dem ehemaligen Behördengebäude eine temporäre Asylunterkunft zu machen. Ab Montag werden hier bis zu 350 Flüchtlinge gewissermaßen geparkt, bis in den Bundesländern neue Quartiere zur Verfügung stehen.
Insgesamt wird Wien 600 zusätzliche Asylwerber für die Dauer von vier Monaten beherbergen, wobei der Bund dabei die Kosten übernimmt, es handelt sich auch um Gebäude der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG). Das zweite Quartier, in dem 250 Asylwerber für einige Monate wohnen sollen, wird der alte Standort der Wirtschaftsuniversität Wien sein, wo jedoch die Räume noch entsprechend adaptiert werden müssen.
Das Haus in dem Büroviertel nahe der U-Bahnstation ist zwar schon länger nicht mehr in Verwendung als Ausbildungsstätte für Zollbeamte, aber durchaus intakt. Es ist allerdings nicht ganz leer. Im zweiten Stock ist ein Ballsportgymnasium untergebracht, wobei die Zustimmung der Schule nicht benötigt wird - schließlich ist sie nur Untermieter.
Erst am Mittwoch haben die Schüler davon erfahren, das in dem Gebäude bald auch Flüchtlinge wohnen werden, die Stimmung unter ihnen ist aufgeregt, gar entrüstet. "Jetzt weiß ich, was ich das nächste Mal wählen werde. Und zwar FPÖ. Wir wurden nie gefragt. Was ist, wenn die zu uns kommen? Ich find’ das nicht o.k.", sagt einer von ihnen. In der Gruppe der Burschen gibt es nur zwei, die eine differenzierte Meinung haben, einer von ihnen sagt: "Solange sie uns nichts tun, ist das für mich in Ordnung."
Bund springt für Länder ein
Das Gebäude der ehemaligen Zollwache ist für einen Flüchtlingsstandort gut geeignet, da man den Betrieb in nur ein paar Tagen ohne größeren Aufwand aufnehmen kann. Die Räumlichkeiten sind allesamt in einem guten Zustand, schlicht und einfach eingerichtet, aber sauber. Jedes der Zimmer besitzt ein oder zwei Betten, einen kleinen Tisch und einen separaten Toilettenraum mit Waschbecken. Duschen teilen sich immer zwei Zimmer.
Abgesehen vom zweiten Stock, in dem sich die Schule befindet, werden in allen sechs Stockwerken Flüchtlinge untergebracht. Im obersten Stock gibt es einen großen Speisesaal, der früher einmal ein Sanitätsbereich gewesen ist.
Hintergrund für den dringenden Bedarf ist einerseits der Anstieg der Asylwerberzahlen, vor allem aber das nicht funktionierende System der Übernahme der Flüchtlinge durch die Länder. Sobald die Zulassung für das Asylverfahren erteilt ist, geht die Verantwortung für die Grundversorgung vom Bund an die Länder - eigentlich -, doch diese schaffen es seit Monaten nicht, ausreichend Quartiere anbieten zu können. Die Flüchtlinge bleiben daher beim Bund und mussten teilweise sogar in Turnsälen schlafen, was das Innenministerium mit der Wiener Lösung nun zu verhindern versucht.
Eine Absage gab es unterdessen von der Innenministerin zu Forderungen von Länder- und Gemeindevertretern nach Erleichterungen auf dem Arbeitsmarkt für Asylwerber. Das sollte die Akzeptanz in der Bevölkerung erhöhen, Mikl-Leitner sieht aber keinen Änderungsbedarf.