Kompromisse bei den Kompetenzen der EU-Behörde. | Brüssel. In Wien wird aller Voraussicht nach Anfang 2007 die neue EU-Grundrechtsagentur ihre Arbeit aufnehmen. Nach langem Ringen um die Kompetenzen, muss nur die niederländische Regierung noch ihr Parlament überzeugen. Das sollte jedoch gelingen, hieß es in Diplomatenkreisen. Die neue Agentur dürfte am Montag von den Justizministern beschlossen werden. Sie soll schrittweise die schon jetzt in Wien befindliche Europäische Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit ersetzen.
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Die neue Agentur soll in erster Linie EU-Institutionen und Mitgliedsstaaten bei der grundrechtskonformen Formulierung von EU-Gesetzen und deren Umsetzung in nationales Recht beratend zur Seite stehen. Die Grundidee sei dabei mehr die Vorfeldarbeit als das Vorgehen gegen bereits bestehende Missstände, hieß es. So könnte auch der Menschenrechtsgerichtshof in Strassburg entlastet werden. Bei Angelegenheiten mit starker EU-Kompetenz wie Asyl- und Visafragen sowie der Arbeitnehmerfreizügigkeit inklusive Familiennachzug kann sie selbständig oder auf Anfrage tätig werden - bei der Polizei- und Justizkooperation der Mitgliedsländer ausschließlich auf Anfrage der EU-Staaten oder -Institutionen. Die Länder dürften auch nur Expertisen über sich selbst anfordern, damit die Agentur nicht als "politische Waffe" missbraucht werde, sagte ein Diplomat.
Großbritannien hatte lange gegen Kompetenzen der Agentur für die Polizei- und Justizkooperation angekämpft. Es konnte schließlich durchsetzen, dass der nun gefundene Kompromiss in drei Jahren neu bewertet werden soll. Strittig war darüber hinaus, ob auch Kandidatenländer und potentielle Kandidatenländer auf Gutachten der Agentur zurückgreifen dürfen. Die Niederlande hatten sich bis zuletzt dagegen gewehrt. Die Kandidaten Türkei, Kroatien und Kroatien dürfen nun auf eigenen Wunsch beraten werden, die restlichen Länder des Westbalkans erst nach dem Abschluss von Annäherungsgesprächen mit der EU - dem so genannten Stabilisierungs- und Assoziationsabkommen. Der wahre Grund für den niederländischen Widerstand sollen Abgrenzungsängste des Europarats gewesen sein. Dessen Parlamentspräsident Rene van der Linden habe seine Kontakte daheim spielen lassen.