Zum Hauptinhalt springen

Wien-Bratislava: Eine Odyssee

Von Michael Schmölzer

Europaarchiv

Die EU-Erweiterung wird ein rasantes wirtschaftliches Zusammenwachsen der "Europa Region Mitte", die die Ballungszentren Wien, Bratislava, Brünn, Györ, Szombathely umfasst, mit sich bringen. Davon ist die Industriellenvereinigung (IV) überzeugt. Genauso überzeugt ist man davon, dass die Pläne zum Ausbau der Verkehrsverbindungen zwischen diesen Zentren an der Realität vorbei gehen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 21 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

"In den 14 Jahren nach dem Fall des Eisernen Vorhangs ist in diesem Bereich so gut wie nichts geschehen", hält der Wiener Industriellen-Chef Albert Hochleitner mit seiner Kritik nicht hinter dem Berg. Zwar hat die italienische Ratspräsidentschaft am 30. Juni die Verwirklichung von Infrastrukturprojekten europaweit zu einer ihrer Prioritäten erkoren. Die geplanten Vorhaben - fünf davon betreffen die über 6-Millionen Einwohner zählende Region um Wien - gehen der IV aber zu wenig weit. Und der Österreichische Generalverkehrsplan (GVPÖ) habe sich zu sehr an den Notwendigkeiten eines limitierten Budgets, als an den Gegebenheiten orientiert, lautet die Kritik.

Wien-Bratislava: "Mahnmal für säumige Verkehrspolitik"

Ausgeklammert bliebe etwa ein breiter Ausbau der Verbindung Wien-Bratislava. Ein Versäumnis, das nach Ansicht der IV besonders schwer wiegende Konsequenzen haben könnte. Rechnet man doch mit einem sukzessiven Zusammenwachsen der beiden nur durch etwa 50 Kilometer getrennten Städte. Das vorhersehbare zusätzliche Verkehrsaufkommen verlange nach einer drei- bis vierspurigen Autobahnverbindung, so Burgenlands IV-Chef, Werner Frantsits. Und das nur einspurig befahrbare, an der kürzesten Verbindung Wien-Bratislava gelegene "Wiener Tor" ist für Albert Hochleitner schlichtweg ein "Mahnmal für versäumte Infrastrukturpolitik".

Abhilfe soll nach den Vorstellung der IV auch eine Hochgeschwindigkeitsbahn zwischen den Flughäfen Wien und Bratislava schaffen, die die Strecke in 17 bis 20 Minuten bewältigen soll. Derzeit ist eine Zugreise, etwa von St. Pölten nach Bratislava, ein eher abenteuerliches Unterfangen: Für die 140 Kilometer braucht man je nach Gegebenheiten an der Grenze bis zu drei Stunden und muss häufiges Umsteigen in Kauf nehmen.

In Summe "Infrastrukturelle Missstände", für die nach Ansicht der Industriellenvereinigung Österreichs Wirtschaft in Zukunft einen hohen Preis zahlen wird, sollte nicht schleunigst von Seiten der politisch Verantwortlichen eingegriffen werden: Für Burgenlands IV-Chef Frantsits ist es sogar "schon nicht mehr 5 vor 12".

Den Investitionsbedarf für die Projekte gibt die IV mit acht bis zwölf Mrd. Euro an. Diese Summe könnte über Infrastrukturanleihen nach dem Muster der Wohnbauanleihe oder durch Partnerschaften Privater mit dem Bund aufgebracht werden. Hochleitner: "Das nötige Geld ist mit Sicherheit vorhanden."