Wenn Wohnen leistbar bleiben soll, muss Wien laut Arbeiterkammer jährlich mindestens 9000 geförderte Wohnungen errichten. Doch so viel Wohnraum zu schaffen, wird immer schwieriger.
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Wien. Wer in München direkt in der Stadt leben will, muss über ein gutes Einkommen verfügen. Während man in Wien im Schnitt rund 6,6 Euro pro Quadratmeter Bruttomiete bezahlt, ist es in München mehr als doppelt so viel, nämlich 14,3 Euro. Das hat zur Folge, dass Menschen, die Berufe mit einem durchschnittlichen oder geringen Einkommen ausüben, wie Polizistin, Friseur oder Verkäuferin, gezwungen sind, außerhalb Münchens zu wohnen und in die Stadt zu pendeln.
"Wien darf nicht München werden", sagte der Leiter der Abteilung Kommunalpolitik der Arbeiterkammer Wien (AK), Thomas Ritt, am Dienstag im Rahmen der Veranstaltung "Wien wächst, Wien baut" in Wien. Denn dass auch Menschen mit weniger Einkommen in Wien wohnen könnten, präge seit langem das soziale Klima der Stadt.
Zurzeit steht Wien im Vergleich zu München gut da: Der Anteil von privaten und frei finanzierten Wohnungen beträgt 33 Prozent, in München sind es 67 Prozent. Die Anzahl der Gemeindewohnungen und des geförderten Wohnbaus ist in Wien mit 48 Prozent deutlich höher als jener in München (10 Prozent).
Doch Wien ist in den vergangenen drei Jahren um 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner gewachsen. "Damit Wohnen auch weiter leistbar bleibt, braucht es mindestens 9000 neue, geförderte Wohnungen pro Jahr", sagte der Präsident der AK, Rudi Kaske. Neuen, leistbaren Wohnraum zu schaffen, wird jedoch immer schwieriger. Aufgrund der steigenden Bodenpreise gibt es kaum Bauflächen, die für den gemeinnützigen Wohnbau noch erschwinglich sind.
800 Euro für einen Quadratmeter Bauland
"Ein gemeinnütziger Bauträger darf höchstens 235 Euro pro Quadratmeter Wohnraum ausgeben", sagte Ritt. In Wien koste dieser im Schnitt aber inzwischen 800, in guten städtischen Lagen 1200 Euro. Zum Teil erziele man sogar Spitzenpreise bis zu 2000 Euro pro Quadratmeter.
Die AK plädiert daher dafür, Grundstücke, die im Besitz von Bund, Land, Gemeinden oder staatlichen Betrieben sind, künftig nicht mehr nach dem Bestbieterprinzip zu verkaufen, sondern für den gemeinnützigen Wohnbau zu nutzen. Mit einer verschärften Widmungskategorie "Geförderter Wohnbau" müsse die Stadt dafür sorgen, dass in dieser Kategorie gewidmete, private Grundstücke tatsächlich für den gemeinnützigen Wohnbau genutzt werden.
Das aktuelle Regierungsübereinkommen der Bundesregierung sieht im Wohnpaket eine derartige Baulandmobilisierung vor, allerdings beschränkt auf 25 Prozent: Bei Umwidmungen von Grundstücken der öffentlichen Hand in Bauland sollen 25 Prozent der Flächen als Vorbehaltsflächen für förderbaren Wohnraum reserviert werden. Die Umsetzung ist für November geplant.
Zurzeit exsistiert zwar die Widmungskategorie "förderbarer Wohnbau", die vor drei Jahren geschaffen wurde, aus Expertensicht wird sie allerdings zu defensiv angewandt. "Sie verpflichtet Bauträger nur dazu, die technischen Vorgaben der Wohnbauförderung umzusetzen", so Ritt. Preisobergrenzen beim Bau und Einkommensgrenzen der Bewohnerinnen und Bewohner müssten nicht eingehalten werden. "Das soziale Miteinander muss aber von Anfang an mitgedacht werden. Viele Wohnungen allein machen noch keine Stadt", so Ritt.
"Wohnbauprojekte nur mit ausreichender Infrastruktur"
Wohnbauprojekte dürften auch künftig nur genehmigt werden, wenn es die nötige Infrastruktur, wie Schulen, Kindergärten, eine öffentliche Anbindung und eine ärztliche Versorgung gebe. Finanzieren will die AK das durch Kredite. Investitionen in Schulen, Wohnungen und Infrastruktur müssten vom innerösterreichischen Stabilitätspakt ausgenommen werden, heißt es. "Wir haben hier Spielraum nach oben", sagte Ritt. Wien habe 2.600 Euro Verschuldung pro Kopf, Niederösterreich 4.300, Städte wie Hamburg und Berlin sogar 13.300 beziehungsweise 17.800 Euro.