Schüssel: Kroatien nicht mit der Türkei verknüpft. | Drohungen von Seiten der USA nicht bestätigt. | Wien. "Sicher bestreite ich das." Der österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel wollte gestern, Dienstag, nach dem Ministerrat Zweifel beseitigt wissen. Die Regierung in Wien habe keinesfalls ihre Zustimmung zum Verhandlungsmandat für die Türkei an die Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit Kroatien geknüpft.
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Am Vortag hatten sich die Außenminister der EU in Luxemburg auf ein Verhandlungsmandat für Ankara geeinigt. Österreich lenkte nach langem Widerstreben ein. Zeitgleich bestätigte die UN-Chefanklägerin Carla Del Ponte die vollständige Zusammenarbeit Kroatiens mit dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag. Die Kooperation galt als letzte Bedingung für den Start von Beitrittsverhandlungen mit der Regierung in Zagreb.
Dass sich auch die USA in das Tauziehen um die Gespräche mit Ankara eingeschaltet hätten, wollte Schüssel nicht bestätigen. Zwar hat der türkische Premier Recep Tayyip Erdogan die amerikanische Außenministerin Condoleezza Rice um Unterstützung für die Anliegen Ankaras gebeten. Dass jedoch die USA Druck auf Österreich ausgeübt hätten, wurde sowohl von Diplomaten in Brüssel als auch im Außenministerium in Wien dementiert.
Keine Drohungen
"Wenn Österreich die Türkei quält, wird es einen Preis dafür zahlen", hatten Medien den US-Diplomaten Dan Freed zitiert. Diese Worte seien nicht gefallen, hieß es hingegen in der amerikanischen Botschaft in Wien. Die US-Regierung hätte keinen Druck gemacht und keine Drohungen ausgesprochen.
Mit dem in Luxemburg ausverhandelten Mandat für die Türkei zeigten sich Schüssel und Außenministerin Ursula Plassnik jedenfalls zufrieden. Immerhin sei erstmals festgeschrieben, dass die Aufnahmefähigkeit der Europäischen Union bei einer nächsten Erweiterung gegeben sein müsse. Den Einwand, dass dies bereits in den Kopenhagener Kriterien fixiert sei, ließ Plassnik nicht gelten. Die Festlegung der Aufnahmefähigkeit als Bedingung sei bis Montag umstritten gewesen.
"Gute Beziehungen"
Schüssel ortet keine Gefahr, dass sich das Ringen um das Verhandlungsmandat auf das Verhältnis zwischen Österreich und der Türkei negativ auswirken könnte. "Ich glaube nicht, dass es da irgendwelche Störungen gibt", erklärte der Bundeskanzler. Die Beziehungen zwischen den beiden Ländern seien nach wie vor gut, hieß es auch aus türkischen Diplomatenkreisen.
"Hallo Europa" prangt es nun auf der Titelseite der türkischen Zeitung "Hürriyet". Hätte Österreich den Verhandlungsstart verhindert, wäre ein Bild von Adolf Hitler erschienen. "Derselbe Ungeist wie damals" wäre darunter gestanden.