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Österreich europaweit Schlusslicht bei Ladenöffnungszeiten. | Gewerkschaft und Sparte Handel gegen eine Sonntagsöffnung. | Wien. Auch wenn Wien im April mit 883.000 Gästeübernachtungen ein Rekordhoch verzeichnete und weltweit 2009 die Kongressstadt Nummer eins war: Wenn die Bundeshauptstadt seine Ladenöffnungszeiten nicht zumindest in der Innenstadt verlängere, könnte sie ihren Ruf als Tourismusziel verlieren. Dies befürchtet die Österreichische Hoteliervereinigung (ÖHV) und stützt sich auf eine aktuelle Studie des Gallup-Instituts.
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Im Vergleich zu anderen europäischen Städten ist Wien bei den Ladenöffnungszeiten Schlusslicht. Denn während in Österreich die Geschäfte - abgesehen von Sonderregelungen - maximal 72 Stunden pro Woche von Montag bis Samstag aufsperren dürfen, sind in anderen Ländern wie Spanien, Frankreich und Italien bis zu 168 Stunden wöchentlich erlaubt. Auch an bestimmten Sonntagen kann der Handel dort offen halten.
In Befragungen gaben 73 Prozent der London-Urlauber an, dass Shoppen ein Motiv für den Besuch der Stadt war. Nach Wien kommt hingegen nur ein Viertel zum Einkaufen. Shoppen wird als Reisemotiv laut ÖHV-Präsident Peter Peer aber immer wichtiger. "Wien hat hier in den letzten Jahren viel verschlafen", sagte Peer bei der Studienpräsentation am Mittwoch. "Die Gäste suchen ein Gesamterlebnis, wo Einkaufen dazugehört", sagt Andreas Braun vom Kristallkonzern Swarovksi, der im Vorjahr ein neues Geschäft in der Kärntner Straße eröffnet hat.
50 Millionen Mehrumsatz
61 Prozent der Touristen wünschen sich längere Öffnungszeiten, wie die Gallup-Umfrage unter 300 Touristen, die in Wien übernachteten, zeigt. Bei einer ähnlichen Umfrage im Jahr 2006 waren es 51 Prozent. Die Gäste stellen der Stadt im internationalen Vergleich für seine Einkaufsmöglichkeiten und Öffnungszeiten ein schlechteres Zeugnis aus als 2006.
63 Prozent der Urlauber gaben an, die Sonntagsöffnung nutzen zu wollen, jeder fünfte würde der Umfrage zufolge seinen Wien-Aufenthalt im Falle einer Sonntagsöffnung sogar verlängern. Eine Sonntagsöffnung brächte dem Handel 50 Millionen Euro Mehreinnahmen und der Hotellerie 325.000 zusätzliche Nächtigungen, schätzt der ÖHV.
"Die geschlossenen Läden am Sonntag schaden massiv dem Image und der Wirtschaft", meint Braun. Swarovski würde im Wiener Shop rund 17 Prozent mehr Umsatz durch die Sonntagsöffnung machen.
Die Hoteliers fordern daher einmal mehr, dass die Wiener Innenstadt zur Tourismuszone erklärt wird, sodass die Geschäfte auch am Sonntag offen halten dürfen. Eine solche Ausnahmegenehmigung gibt es etwa in heimischen Skiorten.
Zuschläge nicht leistbar
Verordnen könnte eine solche Zone Bürgermeister Michael Häupl. Die SPÖ Wien sieht allerdings keinen Handlungsbedarf. Solange die Sozialpartner keine einheitliche Linie zur Sonntagsöffnung verfolgen, werde es keine Öffnung geben, heißt es aus dem Rathaus.
Die Sparte Handel der Wiener Wirtschaftskammer spricht sich gegen eine Sonntagsöffnung aus. "Wir vertreten 36.000 Betriebe, vor allem Kleinbetriebe. Wir können es uns nicht leisten, den Mitarbeitern 100 Prozent Sonntagszuschlag zu zahlen", so Spartenobmann Erwin Pellet. Manche Kleinbetriebe könnten nicht einmal ihre Stromkosten decken, wenn sie beispielsweise am Samstag Nachmittag aufsperren.
Außerdem habe man die Erfahrung gemacht, dass die Geschäfte die gesetzlich erlaubten Öffnungszeiten nicht ausnützen. Bei einer Tourismuszonenregelung sei die Eingrenzung des Gebietes ein großes Problem. Die in der Studie kolportierten Zahlen bezeichnet Pellet als "Kaffeesudleserei".
Für die Gewerkschaft ist eine Sonntagsöffnung vom Tisch. "Die Ausnahme während der Fußball-EM 2008 war eine einmalige Sache", sagt Karl Proyer, stellvertretender Bundesgeschäftsführer der GPA-djp. Man sollte die Interessen der Beschäftigten berücksichtigen.
Einige kleinere Geschäfte, vorwiegend außerhalb des Gürtels, setzen sich jedoch über die Ladenöffnungszeiten hinweg. Hier wird offenbar nicht kontrolliert - im Gegensatz zur Innenstadt: Betriebe, die im Vorjahr an den Adventsonntagen geöffnet hatten, bekamen vom Marktamt empfindliche Strafen von bis zu 1090 Euro aufgebrummt.

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