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Wien entgehen 400.000 Euro Ortstaxe

Von Michael Ortner

Politik

Stadt und Finanz verlangen von Airbnb die Daten der Gastgeber. Doch die Online-Plattform stellt sich quer.


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Wien. Für viele Touristen ist es ein Segen: Über die Online-Plattform Airbnb kommt man schnell und günstig zu einer Unterkunft. Doch der Stadt Wien kostet das eigenen Angaben zufolge hunderttausende Euro im Jahr. Denn die üblichen Ortstaxen werden - laut Behörden - zum großen Teil nicht abgeführt. Das stößt den Hoteliers sauer auf, da für sie strenge Regeln gelten. Für Airbnb anscheinend nicht.

Die Idee von Airbnb: Statt in einem unpersönlichen Hotelzimmer verbringt man die Nacht im privaten Quartier. Eigentlich eine Win-win-Situation: Der Gast spart Geld, der Gastgeber verdient sich etwas dazu. Viele von ihnen vermieten jedoch gewerbsmäßig. Gerade deswegen sehen weltweit dutzende Städte die Plattform als Herausforderung: Häufig werden keine Steuern gezahlt oder Gewerbeberechtigungen fehlen.

Platzhirsch Airbnb wächst in Wien massiv

398.560 Euro Ortstaxe würde die Stadt bekommen, wenn man nach aktuellen Zahlen von Airbnb geht, die der "Wiener Zeitung" vorliegen. So sollen 2015 über das ganze Jahr verteilt 5300 Gastgeber aktiv gewesen sein und durchschnittlich jeweils 2350 Euro eingenommen haben. Ein Gastgeber hätte somit 75 Euro Ortstaxe (3,2 Prozent) abführen müssen. Hochgerechnet auf 5300 Vermieter kommt man auf den Betrag von knapp 400.000 Euro.

Wer Ortstaxe bezahlt und wer nicht, kann die Stadt allerdings immer noch nicht feststellen. Denn dazu braucht man die Adressen der tatsächlich gelisteten Vermieter. Bereits in Februar hat sie deswegen alle größeren Betten-Plattformen wie Airbnb, 9flats und Wimdu kontaktiert.

Airbnb kann laut eigenen Aussagen nicht prüfen, welche Gastgeber auf der Plattform die Ortstaxe abführen. Und die Plattform weigert sich strikt, die dafür benötigten Adressen herauszugeben. "Alle Daten der Gastgeber anzufragen ist nicht der richtige Weg", sagt Julian Trautwein, Pressesprecher von Airbnb, gegenüber der "Wiener Zeitung". Die Bettenplattform beruft sich dabei auf den Datenschutz und will die Privatsphäre der Gastgeber respektieren. Ein "kooperativer Austausch" sei die bessere Lösung. Laufende Gespräche mit der Stadt Wien wolle man aber nicht kommentieren.

Airbnb ist der Platzhirsch unter den Online-Bettenplattformen. Weltweit ist die Plattform in mehr als 190 Ländern und 34.000 Städten aktiv. Österreich zählt zu einem wichtigen Markt mit rund 12.000 Quartieren. Die meisten Unterkünfte gibt es mit knapp mehr als 6000 derzeit in Wien - laut Airbnb entspricht dies einem Wachstum von 60 Prozent gegenüber März 2015.

Ähnlich zugeknöpft wie Airbnb geben sich auch Konkurrenz-Plattformen. "Wir sehen generell keine Verpflichtung, Kundendaten herauszugeben", so Bernhard Holzer, Sprecher der deutschen Plattform Wimdu, die in Wien rund 1000 Unterkünfte anbietet. Und auch Mitbewerber 9flats wiegelt ab: "Auskunftsersuchen werden wir erst mal nicht beantworten", sagt Pressesprecher Roman Bach. Die Plattform listet in Wien rund 700 Unterkünfte. Sowohl die Daten der Nutzer als auch der Vermieter werde man nicht herausgeben, so Bach. Einer Zusammenarbeit verschließt sich 9flats grundsätzlich allerdings nicht. In Salzburg arbeitet die Plattform mit der Stadt an einer Lösung, bei der die Ortstaxe über die Plattform selbst abgeführt wird. Airbnb verfolgt in Amsterdam seit etwas mehr als einem Jahr ein ähnliches Konzept.

Die Amsterdamer Lösung kann man sich in Wien nicht vorstellen, man wünsche sich vielmehr eine "rechtssichere Kooperation", sagt Klemens Himpele, Leiter der MA 23, dem Magistrat für Wirtschaft, Arbeit und Statistik. Um rechtlich den Druck auf die Plattformen zu erhöhen, will die Stadt Wien das Tourismusförderungsgesetz ändern. Zum einen verlangt man von den Plattformen die Daten von Vermietern, zum anderen geht es um eine Mitwirkungspflicht gegenüber den Tourismusverbänden, etwa die Meldung von freien Zimmern. Für die Vermieter selbst sollen die Strafen erhöht werden, wenn die Ortstaxe nicht bezahlt wird. Bisher sah das Gesetz Verwaltungsstrafen von 420 Euro vor. Sie sollen auf 2100 Euro erhöht werden. Anfang Juni soll das Gesetz in die Begutachtung gehen, im Herbst soll es im Wiener Landtag eingebracht werden, heißt es.

"Pauschalmeldung nicht gerechtfertigt"

Obwohl alle großen Plattformen sich weigern, Daten zur Verfügung zu stellen, ist man bei der MA 23 guter Dinge. "Wir haben von den Plattformen Rückmeldungen bekommen. Manche davon waren durchaus vernünftig. Sie gehen klar in die Richtung, dass man auch mit Daten rechnen kann", so Himpele. Er betont aber, dass es der Stadt nicht darum gehe, Gastgeber zu kriminalisieren, sondern einen fairen Wettbewerb herzustellen.

Die Chancen, Daten, sprich die Namen und dazugehörigen Adressen zu bekommen, stehen laut Datenschutzexperte Georg Kainz gar nicht so schlecht: "US-Firmen sind relativ kooperativ bei solchen Anfragen, da sie den Datenschutz nicht so restriktiv sehen wie in Europa." Im Einzelfall hänge es aber von den jeweiligen Betreibern der Plattformen ab, wie sie mit den Daten ihrer Nutzer umgehen. Eine Weitergabe könnte auch das Business-Modell gefährden, die Nutzer würden das Vertrauen in das Unternehmen verlieren.

Im Vorgehen der Stadt Wien sieht Kainz "keine Verhältnismäßigkeit. Wenn Wien alle Daten bekommt, wäre das ein Eingriff in die Privatsphäre. "Diese Pauschalmeldung ist nicht gerechtfertigt", so Kainz. Dieser Ansicht ist auch Neos-Wirtschaftssprecher Niko Alm, der die Datenherausgabe als "heikel" empfindet. "Das geht nur in einem Rahmen, der auch für andere Unternehmen gilt. Eine ‚Lex Airbnb‘ zu machen wäre nicht richtig", so Alm.

Interesse an den Nutzerdaten von Airbnb, Wimdu und Co. hat auch das Finanzministerium. Vor rund eineinhalb Jahren stellte es ein Amtshilfeansuchen an die Konzernzentralen der großen Vermittler-Plattformen. Gefordert werden unter anderem die Nutzerdaten und wie lange die Quartiere auf Airbnb ausgelastet sind. Denn auf der Plattform sind Namen und genaue Adresse nicht ersichtlich. Erst nach abgeschlossener Buchung bekommt der Gast diese Informationen.

Ende Februar stellten mehrere Abgeordnete im Nationalrat eine Anfrage an das Finanzministerium "betreffend illegale Zimmervermittlung mittels Plattformen wie Airbnb".

Finanz will gleichmäßige Besteuerung für alle

Die Antwort aus dem Ressort von Hans Jörg Schelling kam am 26. April. Demnach gebe es derzeit laut Finanzministerium "laufende Gespräche zur Klärung von Detailfragen". Wann diese Gespräche abgeschlossen werden, sei "derzeit noch nicht abschätzbar". "Aufgrund des Steuergeheimnisses können inhaltlich keine Einzelheiten öffentlich bekanntgegeben werden", heißt es weiter im Statement des Ministeriums. Dort meint man auf Nachfrage: "Wir befinden uns seit knapp eineinhalb Jahren in Gesprächen." Daraus kann man schließen, dass noch keine Daten an die Finanz übermittelt wurden.

Wie viel Geld dem Fiskus durch eine illegale Vermietung auf Online-Plattformen bereits entgangen ist, wird den Abgeordneten ebenso nicht beantwortet: "Da es zurzeit keine fundierten Daten über das Angebot, die Preise und die tatsächlich lukrierten Einnahmen gibt, wäre eine derartige Schätzung unseriös." Auf Nachfrage heißt es im Ministerium: "Es geht darum, dass eine gleichmäßige Besteuerung sichergestellt ist."

Rechnet man mit den Zahlen von Airbnb, wurden alleine von den Gastgebern in Wien im Jahr 2015 Gesamteinnahmen von 12,455 Millionen Euro lukriert. Wie viel davon ordnungsgemäß versteuert wurde, lässt sich anhand der Zahlen von Airbnb allerdings nicht prüfen.