Zum Hauptinhalt springen

Wien fordert mehr Geld aus Brüssel

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Politik

Finanzminister Schelling wünscht sich "finanziellen Ausgleich" für Länder, die von Flüchtlingskrise besonders betroffen sind.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 8 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Brüssel. Es ist auch eine Suche nach Geld: Beim Ringen um Lösungen in der Flüchtlingskrise rücken erneut finanzielle Fragen in den Fokus. Wie sollen die Mittel für die Verpflegung, Unterbringung und später Integration der Asylwerber aufgebracht werden? Wie können EU-Töpfe dafür verwendet werden? Dürfen die Mehrkosten, die den Mitgliedstaaten entstehen, bei der Berechnung der nationalen Budgetdefizits unberücksichtigt bleiben, damit die Länder den erlaubten Schwellenwert für ihre Schulden nicht übersteigen? Die Antworten darauf sind zwar noch unklar, doch hat so manche Regierung schon Vorschläge parat.

Wien beispielsweise gehört zu den Hauptstädten, aus denen der Ruf kommt, Kosten für die Flüchtlingshilfe aus den Regeln für mehr Haushaltsdisziplin herauszuhalten. Andernfalls würde sich das Defizit vergrößern, was unter Umständen sogar ein Verfahren wegen Verletzung der EU-Regeln nach sich ziehen kann. Denn die finanzielle Herausforderung ist für einige Staaten groß. So muss Griechenland nach jüngsten Angaben aus Athen heuer mehr als eine Milliarde Euro aufbringen, fast doppelt so viel wie ursprünglich geschätzt. Und das Finanzministerium in Wien gibt für das vergangene Jahr Mehrkosten in Höhe von 600 Millionen Euro an.

Die Berechnung beruht auf der Überlegung, dass ein EU-weiter Schlüssel zur Verteilung von Asylwerbern Österreich geringere Verpflichtungen auferlegen würde: Gäbe es solch eine Quote, auf die sich die Unionsmitglieder jedoch nicht einigen können, und würde das Land sich an seine eigenen Vorgaben zur Obergrenze halten, würde die Zahl der Flüchtlinge 35.000 nicht übersteigen. Im Vorjahr galt es aber an die 90.000 Menschen zu versorgen. Bei Kosten von rund 11.000 Euro pro Person mussten daher zusätzlich 600 Millionen Euro gefunden werden.

Brief an EU-Kommission

All das legte Finanzminister Hans Jörg Schelling in seinem Schreiben an EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und dessen Stellvertreterin Kristalina Georgieva dar. Ein Treffen mit der Budgetkommissarin folgte, und am heutigen Freitag bringt Schelling den Brief seinen EU-Amtskollegen zur Kenntnis, die zu ihrer Sitzung in Brüssel zusammen kommen.

Denn das Dokument enthält einen Wunsch, der auch den Vorstellungen einiger anderer Regierungen entsprechen könnte. Schelling fordert nämlich mehr finanzielle Unterstützung für jene Mitgliedstaaten, die von der Flüchtlingskrise besonders betroffen sind. Genau in diese Länder, die "willig" sind, zahlreiche Schutzsuchende aufzunehmen - wie Österreich, Deutschland oder Schweden -, sollten die zusätzlichen Mittel fließen. Diese könnten aus einem aufzustockenden EU-Fonds für Asyl, Migration und Integration stammen sowie aus Umschichtungen innerhalb des Unionsbudgets, dessen Schwerpunkte verschoben werden könnten. Laut Kommission stehen bis zum Jahr 2020 aus dem Asylfonds und anderen Töpfen rund 8,4 Milliarden Euro zur Verfügung.

Der österreichische Finanzminister betonte vor dem Treffen mit seinen Kollegen, dass er mit seinem Vorstoß den Druck erhöhen wollte, eine europäische Lösung in der Flüchtlingskrise zu finden. Und wenn es keine EU-Quote zur Verteilung der Asylwerber gebe, sei eben ein "finanzieller Ausgleich" für die stark betroffenen Staaten nötig. In der Kommission ortete Schelling nach dem Gespräch mit Georgieva "Verständnis" für diese Position.

Allerdings hat sich EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici, der für die Überprüfung der Budgetdisziplin in den Mitgliedstaaten mit verantwortlich ist, zuvor immer wieder zurückhaltend gezeigt, wenn Länder mehr Spielraum bei der Gestaltung ihrer Ausgaben und der Berechnung des Haushaltsdefizits gefordert hatten. Er verwies auf bereits bestehende Möglichkeiten der Flexibilität. Auch Deutschland war in den vergangenen Jahren gegen wesentliche Abweichungen bei den Sparkriterien.