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Wien hat sich unter Wert verkauft

Von Eva Stanzl

Reflexionen
Thomas Jakoubek (51) ist Vorstand der Wiener Entwicklungsgesellschaft für den Donauraum (WED), an der UniCredit, Erste Bank, Raiffeisen, Bawag, Investkredit, Uniqa und Wiener Städtische beteiligt sind. Foto: M. Hetzmannseder

Keine Blase, da Immobilien in der Hauptstadt bisher zu billig waren. | Die Krise hemmt weitere Investitionen. | "Wiener Zeitung":Branchenexperten rechnen mit einem Preisrückgang bei Gewerbeimmobilien. Können Sie das bestätigen? | Thomas Jakoubek: Das mag in Europa der Trend sein, aber wir haben diese Erfahrung nicht gemacht. Die Mieter verhandeln etwas intensiver und die Abschlussfreudigkeit ist nicht so da. Aber wir vermieten genau so häufig und nicht schlechter als vor einem Jahr. Unsere Leerstandsrate liegt bei vier Prozent.


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Wie erklären Sie sich das?

Wir machen nachhaltig gute Projekte, die für unter 14 Euro nicht zu haben sind. Auf dem Gewerbe- und Büromarkt sehe ich keine Krise, weil es keine Blase gab. Die Preise in Wien sind am untersten Limit, der Quadratmeter war hier nie überbezahlt. Dazu kommt, dass Immobilien in internationalen Metropolen nicht dasselbe können wie neue Immobilien in Wien, von der Technik bis zur Nachhaltigkeit.

Verkauft sich Wien unter seinem Wert?

In New York haben Flächen, die um 70 Dollar vermietet werden, lange nicht die Qualität wie hier, aber der Preis, zu dem wir sie vermieten, ist eine Schande. Wir haben uns auf niedrigem Niveau zufriedengegeben und messen uns permanent auf diesem niedrigen Niveau, anstatt uns an internationalen Preisen zu orientieren. Wien hat nachweislich eine der höchsten Lebensqualitäten, traurig ist nur, dass das primär die wissen, die nicht in Wien zu Hause sind. Es hat aber auch einen Vorteil: In Krisenzeiten steht Wien gut da.

Mit dem "Vienna DC" auf der Donauplatte haben Sie mit 220 Metern den höchsten Wolkenkratzer Wiens in Planung. Das Projekt verzögert sich aber aufgrund von Finanzierungsproblemen. Wie laufen die Verhandlungen?

Sie sind nicht ganz leicht, weil der Interbanken-Markt immer noch nicht so richtig funktioniert, größere Volumina sind immer noch nicht verfügbar. Zudem sind die Banken vorsichtig geworden und streuen das Risiko. Großprojekte machen sie im Klub mit anderen Banken. Dass es keine leichte Übung ist, mehrere Banken zur Finanzierung zu koordinieren, können Sie sich vorstellen - beim DC Tower geht es um 500 Millionen Euro. Früher hat bei Bewertungen noch der Terminus Fantasie dominiert - heute wird alles über das Risiko bewertet.

In der Donaucity liegt die Gesamtinvestition bisher bei 1,5 bis 2 Milliarden Euro. Haben die Eigentümer der Entwicklungsgesellschaft WED ihre Kosten herinnen?

Die Finanzkrise hemmt weitere Investitionen. Derzeit ist es als Gewerbeinvestor ab 50 Millionen Euro schwierig und ab 200 Millionen nahezu unmöglich, weil wir die doppelten bis dreifachen Eigenkapitalquoten haben müssen. Darüber hinaus müssen wir zusätzliche Sicherheiten liefern, indem wir Altprojekte, die bereits als Sicherheit für Neuprojekte gelten, mit neuem Eigenkapital unterlegen.

Das ist so, als ob Sie als Sicherheit für einen Kredit für eine Eigentumswohnung nicht nur diese Wohnung bieten müssten, sondern die der Mutter auch.

Warum sind Sie beim Zentralbahnhof nicht zum Zug gekommen?

Beim Zentralbahnhof haben wir uns nicht bemüht, denn dort sind sowieso alle vertreten. Zudem leiden wir ja nicht unter Unterauslastung. Allerdings werden in dem Areal Grundstücke verkauft, bei denen ich ein Engagement nicht ausschließe und wenn sich die Möglichkeit ergibt, werden wir uns das sicherlich anschauen.

Eines Ihrer Projekte ist der Bahnhof Wien Mitte, der nicht sonderlich rentabel sein soll. Wie geht es weiter?

Ich kann nicht bestätigen, dass wir kein rentables Projekt hätten - wobei es zu früh ist für konkrete Prognosen, das Projekt ist erst 2012 fertig. Wien Mitte ist aber sicher das komplexeste und größte privat finanzierte Projekt mit einem Volumen von 400 Millionen Euro und die größte innerstädtische Baustelle auf dem komplexesten Platz überhaupt. Sie läuft unter Vollbetrieb von zwei U-Bahnen, Schnellbahnen und dem City Airport Train Cat. Dieser undankbare Bauabschnitt ist ein Hochseilakt, aber er kann leider nicht anders realisiert werden.

Welche Wiener Lagen sind derzeit besonders rentabel?

Die Innenstadt ist langfristig für überschaubare Immobilienprojekte hervorragend, sowohl für Wohnungen als auch Gewerbe. Wobei das Mietenrechtsgesetz und der Denkmalschutz nicht unterschätzt werden sollten, da man nur zu gewissen Bedingungen vermieten darf. Neue Standorte, wie die Donaucity oder der Zentralbahnhof, sind gut für zeitgemäße Projekte.

Und das Einzige, was Wien wirklich tun müsste, ist sich als Wirtschafts- und Investitionsstandort besser zu verkaufen.