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"Wien ist mehr als die Keplergasse"

Von Ina Weber

Politik

110 Polizisten werden auf Streife gehen - auch, um Wien kennenzulernen.


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Wien. Ab 1. November werden in Wien mehr Polizisten auf den Straßen zu sehen sein. Denn dann startet die neu geschaffene Bereitschaftstruppe der Wiener Polizei. 110 Sicherheitskräfte sollen allein durch ihre Anwesenheit das Sicherheitsgefühl der Bürger heben. Wien sei zwar eine der sichersten Hauptstädte der Welt, man wolle aber präventiv dafür sorgen, dass es auch so bleibt, sagt der stellvertretende Landespolizeidirektor Karl Mahrer im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".

Ursprünglich hätte es bereits ab März eine Bereitschaftspolizei geben sollen. Verhandlungen mit den Personalvertretern durchkreuzten den Zeitplan. Dann hieß es, ab 1. Oktober. Jetzt sei Allerheiligen aber fix, wird betont. Und bis dahin ist und war die Stadt ja nicht unsicher, sagt Mahrer und erklärt das Konzept. Die Zeiten hätten sich geändert, auch für die Polizei. "Wir können nicht mehr nur punktuell arbeiten, sondern müssen mobil sein", sagt er. Als Beispiel nennt der Vizepräsident den Drogenhandel, die Prostitution und den Taschendiebstahl. Diese würden sich nicht mehr nur an einem Platz abspielen oder sich an Bezirksgrenzen halten. Alles sei mobiler geworden, meint er. Wohnungseinbrüche würden nur noch in geballter Form stattfinden. Wenn etwa im 20. Bezirk Drogen wahrgenommen werden, dann wird zunächst wie gehabt ein Funkwagen hingeschickt. "Wenn dann etwa dort eine Szene entsteht, dann ist das ein Fall für die Bereitschaftstruppe", sagt Mahrer. Diese könne nachhaltiger arbeiten.

Bis jetzt mussten für jeden größeren Einsatz die einzelnen Polizeiinspektionen schlagartig Leute für den jeweiligen Einsatz abziehen. Mit der neuen Struktur muss laut Mahrer diese Hürde nicht mehr genommen werden. Es sei auch ein Wunsch des Personals gewesen, das sich Kontinuität gewünscht hätte.

Nach sechs Monaten sind die Nächsten dran

Gewöhnen kann sich die Mannschaft an ihr neues Zuhause am Josef-Holaubek-Platz aber nicht. Denn abgesehen von der 30-köpfigen Führungsmannschaft wird für die 80 Polizisten die Teilnahme am Sondertrupp nach sechs Monaten beendet. Für Vizepräsident Mahrer ist die neue Truppe mehr als aktive Streifenarbeit. Er schlägt mit dem neuen Konzept drei Fliegen mit einer Klappe: Schwerpunktaktionen, mehr Polizisten auf der Straße und Erfahrungsstätte. "Wir sehen darin einen Personalentwicklungseffekt", sagt er. "Die Polizisten kommen nach zweijähriger Schule in die Polizeiinspektionen und bleiben dort auch meistens." Mit der neuen Struktur hat der Nachwuchs die Möglichkeit, mit erfahrenen Kollegen zu arbeiten, und sie können so auch Wien besser kennenlernen. Denn, so Mahrer, "Wien ist mehr als die Keplergasse" - in Wien Favoriten, wo es sehr häufig zu Einsätzen kommt. So ist auch laut Mahrer wenn nichts los ist, immer etwas los: Die Polizei muss auf der Straße präsenter sein.

Die Sondereinheit soll in einer ersten Phase 110 Beamte umfassen. Bis Ende des Jahres sollen es 200 Polizisten werden. Zusätzliches Personal war laut Mahrer für die Bereitschaftspolizei nicht notwendig. Seit dem Jahr 2009 werden in Wien jedes Jahr 450 Polizisten frisch aufgenommen. Eine Maßnahme die alle Bundesländer betrifft. Die Anstellung von mehr Polizisten sei notwendig, um die Sicherheit des Landes zu halten, heißt es aus dem Innenministerium.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner führt derzeit in offiziellen Empfängen die neue Führungsmannschaft in ihr Amt ein. Mit 1. September wurde die gesamte Polizei auf neue Beine gestellt. Statt der bisherigen 31 Sicherheitsdirektionen des Landes gibt es nun neun Landespolizeidirektionen. Für Wien blieb die neue Mannschaft die alte: Landespolizeidirektor Gerhard Pürstl und die Stellvertreter Karl Mahrer und Michaela Kardeis.

Im Zuge der Strukturreform wurden Doppelgleisigkeiten beseitigt. Man will weniger Personal in der Verwaltung und mehr Leute auf der Straße haben. "8 bis 10 Millionen Euro sollen mittelfristig eingespart werden", sagt Mikl-Leitner am Freitag bei der Amtseinführung des Präsidenten und seiner Stellvertreter in Wien.

Ein Stadtpolizeikommando, wo man alles bekommt

Die neue Struktur sei aber vor allem in Wien für den einzelnen Bürger kaum spürbar. Es wurden Logistikbereiche, Personalabteilungen und die Kriminalpolizei zusammengelegt. Die rund 100 Polizeiinspektionen in Wien bleiben, wie sie sind. Auch sonst bleiben die Anlaufstellen für den Wiener dieselben. "Nur, dass der Bürger jetzt nicht mehr im ganzen Haus herumirren muss, etwa um ein Strafregister zu bekommen. Das läuft jetzt alles an einer Stelle ab", heißt es.

Der Wiener Landtagspräsident Harry Kopietz sprach anlässlich seiner Rede beim Festakt am Freitag in der Landespolizeidirektion am Schottenring den Polizisten eine besondere Aufgabe zu: Sie seien die Botschafter Wiens. "Den Charme der Polizisten findet man nur selten woanders", meint er. Auf der Straße muss die neue Truppe nun Einsatz zeigen - in vielerlei Hinsicht.