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Wien kann nicht Paris werden

Von Konstanze Walther

Politik

Diskussion zu jugendlicher Gewalt. | Sarkozy hat mit "Gesindel" die Jugendlichen vereint. | Wien. Auslöser für die Ausschreitungen französischer Jugendlicher sei die "Beschimpfung der jugendlichen Randalierer als "Gesindel" durch den französischen Innenminister Nicolas Sarkozy gewesen. Vorher sei die Gewalt relativ unter Kontrolle gewesen, analysiert Michel Cullin, Professor an der Diplomatischen Akademie, anlässlich einer Podiumsdiskussion zum Thema "Gewalt bei Jugendlichen" der Jungen ÖVP. Dadurch sei es zu einer Identifizierung und Solidarisierung der Jugend gekommen.


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Erdem Tunakan, DJ und Musiker in Wien, stimmte dem nicht ganz zu. Natürlich hätte sich bei den Jugendlichen Hass und Frustration aufgestaut, aber "es hat sicher auch viele Mitläufer gegeben, denen es egal war, was der Innenminister von ihnen hält". Für sie wäre es nur eine Gelegenheit des Dampf-Ablassens gewesen.

Der Nährboden für die Konflikte waren aber die Perspektivenlosigkeit, Verzweiflung und Arbeitslosigkeit, die in den Vororten herrschen, waren sich alle Diskussionsteilnehmer einig. Hinzu käme die Ausgrenzung - die Pariser Bevölkerung meidet die Bewohner der Banlieues, meinte Michel Cullin. Die Jugendlichen kämen zwar oft aus Einwandererfamilien, aber "sind und fühlen sich meist als Franzosen". Sie hätten die drei Prinzipien der "Grande Nation" - Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit - verinnerlicht, und seien wütend, dass diese nicht für sie gelten.

Wien ist anders

Für Michaela Pfeiffenberger, Vize-Präsidentin der Polizei Wiens, liegt der Fehler Frankreichs vor allem darin, dass aufgrund von Einsparungen Polizeistationen in den Vororten geschlossen wurden. Wichtig zur Deeskalation sei, dass man die Bewohner der Bezirke kenne. In Wien funktioniere das gut - auch deshalb glaubt sie nicht, dass es in Wien zu einem derartigen "Gewaltcocktail" kommen könnte. Auch sei die Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit in Frankreich doppelt so hoch wie in Österreich. Pfeiffenberger meint, dass Sarkozy letztlich nicht anders handeln konnte, da die Möglichkeiten des Dialogs im Vorfeld beseitigt worden seien.