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"Wien Token": Stadt belohnt klimaschonendes Verhalten

Von Alexandra Grass

Wissen

Die Stadt Wien entwickelt mit Wissenschaftern ein Blockchain-basiertes Belohnungssystem für die Bürger.


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Wien. Ein Wort reist durch die Lande wie kaum ein anderes. Von sicherer Datenübertragung ist die Rede. Blockchain heißt das Zauberwort. Dahinter steckt eine Technologie, die Daten verschlüsselt, also anonymisiert transportieren und damit letzten Endes - ohne den Einfluss von Staaten, Institutionen oder Konzernen - die gesamte Weltkugel vernetzen soll. Die Anwendung reicht von Kryptowährungen wie Bitcoin bis hin zur Verwaltung von Werten in Form von Belohnungssystemen. Die Stadt Wien springt auf diesen Zug auf. So sollen die Bewohner künftig mit einem Anreizsystem dazu animiert werden, CO2-Emissionen einzusparen. Via App können sogenannte "Wien Token" gesammelt und diese in städtischen Kultureinrichtungen eingelöst werden, berichtete die Wiener Wissenschaftsstadträtin Veronica Kaup-Hasler Dienstagabend im Klub der Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten.

Mit dem System soll positives Verhalten im Sinne von sozialem Nutzen gefördert werden. Den Beginn macht die Belohnung für ökologisches Agieren. Mittels eigener App, die von Forschern der Wirtschaftsuniversität Wien und Technischen Universität Wien in Kooperation mit der Uni Konstanz entwickelt wurde, wird aufgezeichnet, wie klimaschonend sich der Einzelne durch die Stadt bewegt. Dazu werden jene beliebten Sensoren im Smartphone benutzt, die Schritte zählen. Dabei würde lediglich das Grundverhalten registriert, aber nicht die Daten des Einzelnen, betonte die Blockchain-Expertin Shermin Voshmgir, Leiterin des Instituts für Kryptoökonomie der WU Wien.

Neue Art der Datenverwaltung

Die Technologie ist eine neue Art der Datenverwaltung, gar ein neues Internet, wie die Wissenschafterin erklärte. "Das jetzige Internet hat keinen Kopierschutz, das neue schon." Es gebe nur ein Transaktionsverzeichnis. Jede Komponente hat dabei die Information wo, wann und was gemacht wurde - allerdings verschlüsselt. Dafür garantieren "Blöcke" von Datensätzen, die wie Perlen auf eine Kette aufgefädelt sind. Wobei jedes Glied, also jeder Block, kryptographische Komponenten des vorherigen Blocks beinhaltet - wie Zeitstempel und Transaktionsdaten. Jegliche Manipulation wird damit massiv erschwert. Daten in einer Blockchain können nachträglich nicht mehr geändert werden.

"Die neuen kryptographischen Verfahren sichern unsere Privatsphäre", so Voshmgir. Die Wissenschafterin fordert ein Recht auf kryptographische Verschlüsselungen - quasi das Briefgeheimnis des 21. Jahrhunderts.

Die Stadt Wien klinkt sich hier ein und beteiligt sich damit an dem weltweiten Großprojekt, Daten sicherer zu machen. Das neue Belohnungssystem wird damit zum Pilotprojekt für ein Vorhaben, das in Zukunft wohl weit größere Dimensionen annehmen wird. Die Ausrichtung auf Anreize unterscheide das Projekt allerdings grundlegend von Ansätzen, wie sie in China mit der "Social Score Card" schon Alltag sind. Dort dient die Technologie auch zur Sanktionierung von unerwünschtem Verhalten. Strafen können sich etwa in einem Verbot von Flugreisen zeigen.

"Wien Token" als Belohnung

Hierzulande will man auf spielerische Art und Weise die Menschen in einem ersten Schritt zu einem klimaschonenden Verhalten motivieren. Damit sei es auch ein erster Schritt in Richtung Anwendung der Blockchain im Verwaltungs- und Governancebereich. Funktioniert das System, könnte man auch Themen wie Müllvermeidung oder die Reduzierung des Stromverbrauchs in Angriff nehmen, betonte Kaup-Hasler. Der Kreativität sind dann kaum noch Grenzen gesetzt.

Die "Wien Token" sollen die Bürger bei Kultureinrichtungen einlösen können, die sich an dem Projekt beteiligen. Beispiel wäre etwa ein Gratiseintritt ins Museum. Wie durchschlagend der Erfolg sein wird, wird sich weisen. Das geschlossene Pilotprojekt soll im Jänner 2020 mit ausgewählten Testpersonen starten.

Kaup-Hasler will die Stadt als Zentrum des "Digitalen Humanismus" etablieren. Dazu wurde schon Mitte Mai ein Projekt-Call initiiert. Dabei sind Forscher dazu aufgerufen, sich mit der Frage zu beschäftigen, was eine Vernetzung der Bereiche der Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften mit Informations- und Kommunikationstechnologien im Sinne des Gemeinwohls und öffentlicher Interessen bewirken kann. Die neu gestartete jährliche Förderausschreibung finanziert Projekte in der Höhe von 320.000 Euro.

Das Token-Projekt wird im Übrigen von der MA 01 - Wien Digital - finanziert, wie Kaup-Hasler erklärte - einer Abteilung, die nicht in ihren Verantwortungsbereich und damit auch nicht in ihr Budget fällt.