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Wien-Wahl unter Coronabedingungen: "Ein besonderer Tag"

Von Michael Schmölzer

Politik

Ein Lokalaugenschein in der Leopoldstadt am Wahlsonntag.


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Sonntag, Wahltag, 7.00 Uhr in der Früh: Vor der Volksschule am Max-Winter-Platz in der Leopoldstadt ist es ruhig, ein paar Krähen sorgen für die Geräuschkulisse. In den Lokalen der unmittelbaren Umgebung werden Schanigärten hergerichtet, wie immer wollen einige Wähler nach getaner Bürgerpflicht hier auf eine Stärkung einkehren. Die Eingänge zur Schule sind weit geöffnet, ein Mann reinigt den Vorplatz mit dem Kärcher vom herbstlichen Laub. Im Schaukasten neben der Tür informiert ein Aushang, dass hier Corona-Warnstufe "Gelb" herrscht, also "mittleres Risiko, moderate Fälle primär in Clustern". Ein Plakat macht darauf aufmerksam, dass am Wahltag ein Mund-Nasenschutz zu tragen und mindestens ein Meter Abstand zu halten ist.

Eine Dame und ihre Bekannte stehen mit Maske bewaffnet vor dem Eingang und überprüfen, ob sie hier richtig sind. Dann dringen sie entschlossen ins Gebäudeinnere vor. "Zum Billa geht man ja auch rein", sagt eine der beiden und zuckt mit den Achseln. Nur dem alten Herrn Vater habe man eine Wahlkarte besorgt.

Drinnen sitzen die Wahlhelfer in kleinen Gruppen um Schulbänke, das Verhältnis der Wahlhelfer zu den Wählern ist ungefähr 15:1. Im Wahllokal selbst sitzt die Kommission vollzählig versammelt und einträchtig maskiert an einem L-förmigen Tisch. Der "Identifikations-Paravent", der im Vorfeld der Wahl fallweise für Spekulationen und Häme gesorgt hat, erweist sich als am Tisch angebrachte, kleine Plexiglasscheibe mit Durchreiche-Luke. Hier wird der Ausweis verlangt, ein Abnehmen des Mund-Nasenschutzes zur Gesichtserkennung kann unterbleiben, das Kuvert und die beiden Wahlzettel bekommt man auch so.

Eine Wahlhelferin macht Pause und raucht vor der Schule eine Zigarette und sieht die Sache entspannt. Sie ist nicht zum ersten Mal dabei, sagt sie, bei der letzten Wahl seien um diese Uhrzeit auch nicht mehr Wähler hier gewesen.

"Bin ja nicht aus Afghanistan"

Inzwischen nähert sich ein älteres Ehepaar in gehobener Stimmung dem Max-Winter-Platz, man habe "immer schon" persönlich seine Stimme abgegeben, sagen die Frau und werde das auch diesmal tun. Der Gatte nickt: Wahlkarten würden zwar in großer Zahl beantragt, "die meisten schicken sie dann aber eh nicht ab", mutmaßt er. Und beide sind sich einig: "Das ist ein besonderer Tag, den lassen wir uns nicht nehmen. Wenn wir in Wien sind, dann gehen wir persönlich wählen und bis jetzt waren wir immer am Wahltag in Wien."

Eine Frau mittleren Alters "mit Migrationshintergrund" teilt die Freude der beiden nur bedingt. Sie findet es zwar toll, dass sie "zumindest auf Bezirksebene" wählen darf, schließlich möchte sie "mitbestimmen" und wird "die Grünen" wählen, "weil ich mit denen zufrieden bin". Was sie stört, ist der Umstand, dass sie nur auf Bezirks- und nicht auf Gemeindeebene stimmberechtigt ist. "Ich bin ja nicht aus Afghanistan." Von der Möglichkeit der Briefwahl hat sie aus Zeitgründen nicht Gebrauch gemacht: Das Votum per Post ist "zu anstrengend". "Da muss man sich vorher registrieren lassen, die Zeit habe ich nicht".