Häupl und Vassilakou einigen sich - "Kein Grund vorzeitig aufzuhören" - Top-Thema: leistbares Wohnen.
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Wien. Die Gemeinderatswahl in Wien wird am 11. Oktober stattfinden. Darauf haben sich gestern Bürgermeister Michael Häupl (SP) und Maria Vassilakou (Grüne) geeinigt. "Diese Regierung hat noch Arbeit zu tun. Es gibt daher keinen Grund, vor dem gesetzlich vorgesehenen Ablauf der Regierungsperiode neu zu wählen", erklärten beide am Montag. Das Wahldatum ist für viele eine Überraschung, da es bis zuletzt Spekulationen gab, Wien würde am 14. Juni vorgezogen wählen.
Den Ausschlag für den regulären Wahltermin (also mit Ablauf der Legislaturperiode) gab dem Vernehmen nach ein Bündel von Überlegungen.
Wahltermin als Taktik
In den Umfragen sollen die Sozialdemokraten in Wien derzeit nicht so gut liegen, die Bandbreite bewegt sich hier zwischen 34 und 37 Prozent. Nun ist länger Zeit, die Ausgangsposition zu verbessern. "Und es muss nun niemand einen Grund suchen, die Periode vorzeitig zu beenden, was die Wählerinnen und Wähler ohnehin nicht verstehen würden", sagte Josef Kalina. Der Ex-SPÖ-Geschäftsführer ist Unternehmer und auch als Politikberater tätig.
Für die Grünen ist der spätere Termin auch besser, da Anfang August deren "Leuchtturmprojekt", die Mariahilfer Straße, endgültig fertig wird. Wenn die Wiener vom Sommerurlaub zurückkommen, so die Hoffnung der Grünen, werden sie von der dann fertiggestellten "Flaniermeile" begeistert sein - und den Grünen zu einem guten Wahlergebnis verhelfen.
Doch auch andere politische Einflüsse hätten eine Rolle gespielt, ist aus SP-Kreisen zu hören. Der niedrige Ölpreis und das Nullzins-Niveau könnten auch Österreichs Wirtschaft wieder etwas ankurbeln, sodass die Zahl der Arbeitslosen im Herbst niedriger als in den Vorjahren sein dürfte.
Und - last, but not least für die SPÖ - offensichtlich zogen es die Wiener vor, einen größeren zeitlichen Puffer zur Steuerreform einzubauen. Sollte sich die SPÖ hier mit ihren Forderungen nur zu einem geringen Ausmaß durchsetzen, würde dies vor allem in der Bundeshauptstadt sehr kontrovers diskutiert - auch im Wahlkampf der Wiener Parteien.
Bis Herbst will die Wiener SP zudem - ist aus Parteikreisen zu erfahren - ein Thema besetzen, das zwar als Problem längst definiert ist, für das es allerdings bisher nur Lösungs-Überschriften gibt: leistbares Wohnen.
Vor allem in Wien sind die Immobilienpreise in den vergangenen drei Jahren deutlich gestiegen, in der Folge natürlich auch die Mieten. Da wollen die Sozialdemokraten noch rechtzeitig vor der Wahl ein Konzept vorlegen. Dabei würden vermutlich Gemeindewohnungen sowie Gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaften eine große Rolle spielen.
Opposition gefällt Termin nicht
SP und Grüne sind jedenfalls bereits im Wahlkampf-Modus: Die 2014 propagierte Gratis-Nachhilfe wird von Bildungsstadtrat Christian Oxonitsch bereits als großer Erfolg angepriesen, 24.000 Schüler sollen bisher davon profitieren. Und die Grüne Maria Vassilakou schwärmt bereits jetzt von der erst im Sommer fertiggestellten Mariahilfer Straße.
Wenig begeistert vom Wahltermin sind die Oppositionsparteien. "Acht Monate Wahlkampf sind der Bundeshauptstadt nicht zumutbar", meinte VP-Landesparteiobmann Manfred Juraczka. "Beim Wahltermin ist es wie bei den Schweizer Franken-Krediten der Stadt: Unangenehme Dinge werden so lange wie möglich in die Zukunft hinausgezögert." FPÖ-Chef Hans Christian Strache sagte: "Anstatt den Anstand zu besitzen, den Hut zu nehmen und den Weg für eine neue Regierung freizumachen, klammert sich das undynamische Duo Häupl und Vassilakou bis zum letzten Tag an seine Ämter. Die Angst vor Machtverlust muss beim amtsmüden Bürgermeister tief sitzen."
Damit kommt es heuer zu einem "Super-Wahlherbst". Am 27. September dürften Oberösterreich und die Steiermark wählen, zwei Wochen später dann Wien. Auf die drei Bundesländer entfallen mit 3,2 Millionen etwa die Hälfte aller Wahlberechtigten Österreichs. Am 31. Mai wählt das Burgenland den Landtag.
Superwahlherbst, supernervös
Die Bundesparteien nehmen die Herbst-Wahlen daher ebenfalls überaus ernst. Für die SP schaut es derzeit in der Steiermark wieder etwas besser aus, ist zu hören. Im Industriebundesland Oberösterreich dagegen grundelt die SP um 20 Prozent herum. Dafür kann dort die Volkspartei eher entspannt ans Werk gehen.
Für SPÖ-Vorsitzenden Werner Faymann - so ist aus der Wiener Partei zu hören - geht es um viel. Wenn bei der Steuerreform kein Erfolg eingefahren wird (also keine vermögensbezogenen Steuern), und sich bis August die SPÖ-Umfragewerte nicht verbessern, könnte er - so Wiener Spitzenfunktionäre zur "Wiener Zeitung" - noch vor den drei Landtagswahlen abgelöst werden. "Bei der ÖVP hat sich ja auch ein Mitterlehner-Effekt gezeigt", sagte einer. "Und Verschiebungen von zwei Prozentpunkten beim Wahlergebnis können enorme Auswirkungen haben."
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