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Wien weitet Zeitraum für Restitutionen aus

Von Katharina Schmidt

Politik

Bisher hat Wien 5500 in der Nazi-Zeit geraubte Objekte zurückgegeben. | Erbensuche oft sehr schwierig. | Wien. Die Stadt Wien erweitert ihre Bestimmungen für die Restitution von Kunstgegenständen. Das hat der Kulturausschuss des Gemeinderats auf Initiative von SPÖ und Grünen am Dienstag einstimmig beschlossen.


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Bisher wurden per Gesetz nur jene Gegenstände - vor allem aus Wien Bibliothek und Wien Museum - restituiert, die in den Jahren 1938 bis 1945 von den Nationalsozialisten enteignet wurden. Künftig soll dies die Zeit ab 1933 betreffen. Die Stadt Wien folgt damit dem Vorbild des Bundes, der das Kunstrückgabegesetz bereits 2009 zeitlich ausgeweitet hat.

Bisher wurden seit 1999 insgesamt 103.500 Objekte der Stadt Wien auf ihre Provenienz untersucht, im Bereich des Wien Museums waren es 24.000, wie Provenienzforscher Michael Wladika erläutert. 5000 Objekte hat alleine das Museum restituiert, insgesamt waren es 5500. Die Suche nach braunen Flecken ist dabei einfacher als jene nach dem rechtmäßigen Besitzer beziehungsweise dessen Erben. Denn den Satz "erworben aus beschlagnahmtem Judenbesitz" finde man oft in den Inventarbüchern der Vugesta, der bei der Gestapo angesiedelten Verwaltungsstelle für den Verkauf beschlagnahmten Eigentums, sagt Wladika.

Erbensuche dauertein bis sechs Jahre

Namen stehen dort jedoch keine - es gebe zwar auch Vugesta-Bücher mit Namensnennungen, diese beiden Quellen zusammenzuführen, gestalte sich aber oft recht schwierig. Wenn klar ist, dass ein Objekt entzogen wurde oder der Besitzer zum Notverkauf gezwungen wurde, dann beginne die Suche nach den Erben, die ebenfalls in Wladikas Aufgabenbereich fällt. Dies kann ein bis sechs Jahre dauern - insgesamt konnte er in 51 Fällen die Objekte rückerstatten. Kann niemand ausfindig gemacht werden, wird der Kunstgegenstand in eine Internet-Datenbank gestellt - in der Hoffnung, dass jemand aktiv danach sucht.

Das rechtliche Prozedere läuft in Wien und im Bund ähnlich ab: Die Ergebnisse der Recherchearbeit werden in der Hauptstadt einer Restitutionskommission übergeben, die überprüft, ob das Objekt restitutionsfähig ist und gibt eine entsprechende Empfehlung an Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny. Auch im Bereich der Bundesmuseen empfiehlt ein Restitutionsbeirat Kunstministerin Claudia Schmied, ob ein Kunstwerk restituiert werden soll. Auf Bundesebene hat der Beirat bisher 250 Beschlüsse gefasst. Im Unterschied zum Bund gingen die Provenienzforscher in Wien auch selbst auf Erbensuche, meint Wladika dazu.

Mailath-Pokorny lobte am Dienstag die "vorbildliche Restitutionspraxis der Stadt Wien". Mit einem massiven Anstieg der zu restituierenden Objekte durch die zeitliche Ausweitung rechnet man in seinem Büro nicht. Wladika meint dazu, dass das Wien Museum in der NS-Zeit weit besser dotiert war als im Ständestaat. Bisher gab es einen Fall, der einen Kunstraub vor 1938 betraf: Das Gemälde "Pappenheims Tod" von Hans Makart wurde im Jahr 2008 mit Hilfe einer Einzelentscheidung des Gemeinderats den rechtmäßigen Erben zurückgegeben.