Aktienhändler: "Nur mehr Angst und raus". | Massive Verluste durch alle Branchen. | Starke Abgaben in Banken. | Zentralbanken senken Leitzinsen. | Wien. Die Wiener Börse hat am Mittwoch zu Mittag ihre Talfahrt ungebremst fortgesetzt. Der ATX wurde um 12.00 Uhr mit 2.241,75 Punkten errechnet, das ist ein massives Minus von 227,13 Punkten bzw. 9,20 Prozent. Zum Vergleich: DAX/Frankfurt -5,99 Prozent, FTSE/London -4,35 Prozent und CAC-40/Paris -5,04 Prozent.
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Das bisherige Tageshoch verzeichnete der ATX zur Eröffnung bei 2.469,99 Punkten, das Tagestief lag gegen 10.30 Uhr bei 2.219,66 Einheiten. Der ATX Prime notierte zum oben genannten Zeitpunkt 9,45 Prozent tiefer bei 1.006,69 Punkten. Im prime market zeigten sich zwei Titel mit höheren Kursen, 54 mit tieferen und einer unverändert. In einer Aktie kam es bisher zu keiner Kursbildung.
Bis dato wurden im prime market 11.151.803 (Vortag: 9.059.642) Stück Aktien umgesetzt (Einfachzählung) mit einem Kurswert von rund 274,165 (250,57) Mio. Euro (Doppelzählung). Umsatzstärkstes Papier ist bisher Erste Group mit 1.154.876 gehandelten Aktien, was einem Kurswert von rund 65,66 Mio. Euro entspricht.
Europaweit rasselten die Börsen nach negativen Vorgaben aus den USA und Asien weiter nach unten. Besonders deutlich fielen die Verluste einmal mehr in Wien aus. Marktteilnehmern zufolge leidet der Wiener Markt wegen seiner verhältnismäßig geringen Größe besonders unter dem Kursrutsch. Mit der weltweit gestiegenen Risikoaversion dürften zudem viele internationale Investoren österreichische Titel wegen des Osteuropa-Fokus heimischer Unternehmen verkaufen, heißt es am Markt.
Aktienhändler in Wien gaben sich angesichts der ungebremsten Kursstürze mittlerweile resigniert. "Wir sind körperlich schon ziemlich am Ende", berichtete ein Händler. Fundamentale wirtschaftliche Faktoren würden mittlerweile überhaupt keine Rolle mehr spielen, hieß es am Markt. Die Devise am Markt laute derzeit "nur mehr Angst und raus", so ein anderer Händler.
Ein regulärer Handel sei auch nicht mehr möglich. "Der Markt funktioniert nicht mehr", hieß es mit Verweis auf den praktisch zusammen gebrochenen Geld- und Terminmarkt. So notierte auch der ATX-Future weiter unter dem Kassakurs, laut Händlern ein Signal für einen nicht funktionierenden Markt.
Besonders unter Druck kamen vor dem Hintergrund der Finanzkrise einmal mehr die Bankschwergewichte. Raiffeisen International fielen um 12,83 Prozent auf 36,96 Euro (829.190 Stück). Die Aktie notiert damit nur mehr knapp über dem Emissionspreis von 32,50 aus dem Jahr 2005. Erste Group verloren bis zu Mittag 8,74 Prozent auf 28,29 Euro (1.154.876 Stück). Während Raiffeisen weiter an den Prognosen festhalten, hat die Erste Group am Vortag ihre Ausblick für das laufende Jahr zurück genommen.
Auch die anderen ATX-Schwergewichte gaben kräftig nach. OMV büßten 12,34 Prozent auf 23,23 Euro ein (422.611 Stück). Die Rohölpreise hatten zuletzt weiter stark nachgegeben. Voestalpine fielen um 7,58 Prozent auf 16,34 Euro (643.606 Stück). Die Analysten der Credit Suisse haben ihr Kursziel für die Aktie von 70 auf 50 Euro gesenkt. Telekom Austria gaben um 4,32 Prozent auf 11,53 Euro nach (466.913 Stück). Die Analysten der WestLB haben zuletzt ihre Einstufung der Aktie von "add" auf "buy" verbessert.
Größere Verkäufe gab es abseits der Indexschwergewichte in bwin und Immofinanz. bwin fielen um 16,18 Prozent auf 13,62 Euro (259.246 Stück). Immofinanz setzten ihre Talfahrt fort und verloren 14,81 Prozent auf 1,15 Euro (3.239.241 Stück). Zeitweise notierte die Aktie auf einem neuen Rekordtief von 1,13 Euro. Am Montag war der langjährige Immofinanz-Konzernchef Karl Petrikovics zurück getreten.
Größter Verlierer im prime market waren zu Mittag SkyEurope. Die Airline-Aktie stürzte um 32,26 Prozent auf ein neues Allzeittief bei 0,21 Euro ab (478.832 Stück). Seit Jahresbeginn hat die Billigairline an der Börse bereits knapp 90 Prozent an Wert eingebüßt.
MICEX vom Handel ausgesetzt
Nach einem heftigen Kurssturz im Eröffnungsgeschäft hat die Moskauer Börse den Aktienindex MICEX vom Handel ausgesetzt. Von 9.05 MESZ bis zum 10. Oktober werde der Handel gestoppt, teilte der Börsenbetreiber mit. Das Börsenbarometer war in den ersten 35 Minuten um 14,35 Prozent gefallen.
Leitzinsen gesenkt
Sechs der führenden Notenbanken treten der Finanzkrise mit einer gemeinsamen Zinssenkung entgegen, darunter die Europäische Zentralbank (EZB), die US-Notenbank Federal Reserve und die britische Bank of England (BoE). Sie kürzten am Mittwoch in einer konzertierten Aktion die Leitzinsen.
Niedrigere Zinsen verbilligen Kredite für Unternehmen und Verbraucher und können somit die Wirtschaft ankurbeln. Eine konzertierte Zinssenkung ist eine außergewöhnliche Aktion, zu der die Notenbanken nur bei besonders großen Krisen greifen. Zuletzt gab es eine gemeinsame Leitzinssenkung nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA.
Die Notenbanken begründeten den Schritt mit der Unsicherheit an den Finanz- und Geldmärkten. Zudem seien die Risiken einer steigenden Inflation gesunken.
Die EZB senkte den Leitzins um 0,5 Prozentpunkte auf 3,75 Prozent. Die US-Notenbank reduzierte den Leitzins um 0,5 Prozentpunkte auf 1,5 Prozent. Die britische Zentralbank kappte den Leitzins um 0,5 Prozentpunkte auf 4,5 Prozent.
EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hatte nach der jüngsten turnusgemäßen Zinsentscheidung am vergangenen Donnerstag die Tür für eine Zinssenkung geöffnet. Zuletzt hatte die EZB auf ihrer Sitzung am 3. Juli den Leitzins wegen Inflationsgefahren noch um 0,25 Prozentpunkte auf 4,25 Prozent angehoben.
An der Zinssenkung nehmen auch die Nationalbanken Schwedens, Kanadas und der Schweiz teil. Die japanische Nationalbank senkte die Zinsen nicht, sprach der Aktion aber ihre Unterstützung aus.