Die Wiener Börse sieht sich gut gerüstet für die Herausforderungen der kommenden Jahre. Xetra und OM-System sorgen für den letzten Stand der Technik, die Einführung des Prime Marktes für die bestmögliche Rechtsgrundlage, wirbt Wiener-Börse-Vorstand Stefan Zapotocky für sein Geschäft. Jetzt liege es an den heimischen Unternehmen und Investoren, das attraktive Angebot anzunehmen.
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Stefan Zapotocky würde gerne mit einer häufigen Verwechslung aufräumen. "Die Börse ist nicht der Kapitalmarkt. Wir sind ,nur' Dienstleister am Kapitalmarkt", sagt der Wiener-Börse-Vorstand mit Nachdruck. Als solcher habe sie die Aufgabe, bestmögliche Benchmarks zu etablieren. Den Börseplatz tatsächlich groß werden zu lassen, das obliege dem Kapitalmarkt.
Seit gut fünf Jahren arbeite die Wiener Börse nun intensiv an Reformen, rechnet Zapotocky vor. Der Kassamarkt sei über das deutsche Handelssystem Xetra international angeschlossen, ebenso der Derivatmarkt durch die Etablierung des OM-Systems. Technisch sei die Wiener Börse damit auf dem letzten Stand.
Dazu komme die Einführung des Prime-Marktes. 40 österreichische Unternehmen haben sich den Regeln des Prime-Marktes unterworfen und damit einen hohen Qualitätsanspruchs erfüllt. Zapotocky: "Das alles wird sich in Österreich für die Zukunft nützen lassen." Als schon jetzt erkennbares Beispiel für das wachsende Engagement an der Börse nennt der Börse-Chef Corporate Bonds. "Die Unternehmensanleihe ist eine echte Alternative zum Kreditgeschäft geworden", resümiert Zapotocky und hat auch aktuelle Zahlen parat: Alleine im ersten Halbjahr 2002 habe das Emissionsvolumen über 1 Mrd. Euro betragen, nach 680 Mill. Euro im gesamten Jahr 2001.
Den Vorwurf, die Wiener Börse würde auf den internationalen Kapitalmärkten zuwenig offensiv auftreten, weist Zapotocky zurück. "Wir haben viele small und medium caps, vor diesem Hintergrund ist das Interesse der internationalen Investoren relativ groß." Er verweist auf eine aktuelle Meryll-Lynch-Studie, der zufolge österreichischen Bluechips dank besserer Informationsqualität stärker in den Blickpunkt gerückt seien.
Um weiter zu wachsen müssten natürlich mehr Aktien an die Börse, darüber ist sich Zapotocky im Klaren: "Wir wollen die Österreicher, Private wie institutionelle Anleger gleichermaßen, für die Börse begeistern", verweist er auf die laufende Emittentenkampagne und das im internationalen Vergleich außerordentlich attraktive Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) der heimischen Werte. Als Hürden auf dem Weg zur Expansion nennt Zapotocky zum einen das mit 2% ihres Investitionsvolumen nur geringe Engagement heimischer Fonds in Österreich. Zum anderen die Tendenz österreichischer Unternehmen ihre Geschäfte eher über Kredite zu finanzieren als an die Börse zu gehen. "Dabei liegen wir mit 28% Eigenkapitalanteil international weit unter dem Durchschnitt", argumentiert Zapotocky. Gemeinsam mit dem Kapitalmarktbeauftragten Richard Schenz wolle er den österreichischen Mittelstand von den Vorteilen der Rechtsform der AG und der Börsefähigkeit überzeugen.
Für das laufende Jahr rechnet Zapotocky noch mit 6 bis 8 Transaktionen, einer Kapitalerhöhung (Anm. Erste Bank) und/oder einem Secondary Offering (Anm. Telekom Austria). Auf mittlere Sicht soll es einen stärkeren Zulauf geben. "Mit dem Prime-Market-Regelwerk haben wir die Basis für eine gediegene Emissionsarbeit gelegt", ist Zapotocky überzeugt. An Eckpunkten nennt er den Mindeststreubesitz, die Berichtslegung nach IAS bzw. US-GAAP sowie elektronische Ad-Hoc-Meldeverfahren. Die sich aus dem Regelwerk ergebende, weiter verbesserte Transparenz ("strenger als bei den Deutschen") soll das Image bei angloamerikanischen Anlegern weiter aufpolieren.