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Wiener Grüne machen Fortschritte im "Lernprogramm der Sonderklasse"

Von Christian Rösner

Analysen

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Zu Beginn der grünen Regierungsbeteiligung in Wien wurde die Ökopartei von kaum jemandem ernst genommen: Bürgermeister Michael Häupl hatte sich den stimmenschwächsten Partner ausgesucht und musste somit die wenigsten Zugeständnisse machen.

Die Grünen wurden mit einem Stadtratsposten plus Vizebürgermeistertitel und einem unsichtbaren Uni-Beauftragten abgespeist. Und in einem Koalitionsübereinkommen wurden nicht sehr konkrete gemeinsame Vorhaben festgeschrieben.

Einigermaßen tapsig begann auch der Einzug in die Regierung: Bei den ersten Pressekonferenzen der SPÖ fungierten Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou und Grünen-Klubchef David Ellensohn noch als Beisitzer und übten sich in Zurückhaltung. Böse Zungen behaupteten damals, dass die Roten ihre neuen Partner auch gerne einmal "anrennen" lassen würden.

Auch die ersten Auftritte im Gemeinderat erschienen unbeholfen - etwa als Grünen-Abgeordneter Christoph Chorherr die plötzliche Kehrtwende seiner Partei in Sachen Vereinigte Bühnen mit dem Satz rechtfertigte: "Das Schöne ist, so eine Regierungsbeteiligung ist ein Lernprogramm der Sonderklasse. Man kommt drauf, dass man früher einen Blödsinn geredet hat."

Doch jetzt dürfte sich das Blatt gewendet haben: Geschickt haben die Grünen die SPÖ in Sachen kleines Glücksspiel öffentlich unter Druck gesetzt, in dem Wissen, die SPÖ-Basis hinter sich zu haben (nicht aber die Parteispitze).

Noch bevor die SPÖ das Verhandlungsergebnis der rot-grünen Arbeitsgruppe präsentieren konnte, sprachen die Grünen schon von einer gelungenen Lösung "ganz auf der Linie des Koalitionspartners". Innerhalb der SPÖ brodelte es, aber nach außen hin wurde eisern geschwiegen. Lediglich der Bürgermeister erklärte auf Anfrage, dass man über vergossene Milch nicht reden sollte. Er räumte allerdings auch ein, dass er lieber ein Gesetz gehabt hätte, das mehr Spielerschutz gewährleistet.

Und obwohl im rot-grünen Stadtregierungsübereinkommen nichts Konkretes über billigere Öffi-Tarife steht, haben die Grünen bereits günstigere Jahreskarten angekündigt - wiederum, ehe das Verhandlungsergebnis der Arbeitsgruppe präsentiert wurde. Da half auch der überraschende Vorstoß der Wiener-Linien-Geschäftsführer nichts, indem sie vor einer Preisreduktion warnten, da sonst auch die Leistungen reduziert werden müssten. Zwar hatte das Wahlversprechen der Grünen "100 Euro für eine Jahreskarte" gelautet. Aber im Vergleich zur geplanten 13-prozentigen Erhöhung bei der 449-Euro-Karte können sich 365 Euro auch noch sehen lassen.

Und statt des im Regierungsübereinkommen erwähnten "Radverkehrsbeauftragten" wurden nun drei Personen rund um diese neue Funktion hineinverhandelt: Die Grünen scheinen im "Lernprogramm der Sonderklasse" immer erfolgreicher zu sein.