Sprengel rund um U6-Thaliastraße und Praterstern gaben mit überwältigender Mehrheit Van der Bellen ihre Stimme.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 8 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Im Tagestakt liefen in den vergangenen Wochen die Meldungen über Delikte ein, die an Wiener Hotspots von Menschen mit Migrationshintergrund begangen wurden, beziehungsweise begangen worden sein sollen. Das - so die Vermutung mancher Analysten - werde den Bundespräsidentschaftskandidaten Norbert Hofer beflügeln, der in Sachen Einwanderungspolitik einen restriktiveren Kurs fuhr als sein Gegenüber Alexander Van der Bellen. Doch zumindest für die an den Hotspots ansässige Bevölkerung traf das ganz und gar nicht zu.
Egal ob Drogendeals, Mord und Prügeleien bei der U-Bahnstation Thaliastraße in Ottakring oder Vergewaltigungen und Überfälle am Praterstern in der Leopoldstadt: Die dort Lebenden gaben mit überwältigender Mehrheit Van der Bellen den Vorzug. Die um die U-Bahnstation Thaliastraße liegenden Wahlsprengel 2 und 3 des 16. Bezirks sowie die 22. Sprengel des 7. und 8. Bezirks wählten im Schnitt zu 76 Prozent Alexander Van der Bellen. Lediglich 24 Prozent konnten sich für Norbert Hofer erwärmen. Ein ähnliches Bild bot der Praterstern: Der dortige sowie die zwei direkt angrenzenden Sprengel wählten im Schnitt zu 73 Prozent Van der Bellen, lediglich 27 Prozent Hofer.
Ausländeranteil egal
Ausländerkriminalität - die gemessen an der ausländischen Bevölkerung übrigens laut Kriminalstatistik in den letzten Monaten zurückgegangen ist - war an den Hotspots also kein Zugpferd für Hofer. Aber offenbar auch nicht die Zahl der Migranten an sich. Schon im Zuge der vergangenen Wahlen zeigte sich in Wien ein besonderes Phänomen, nämlich, dass sich kein Zusammenhang zwischen dem Ausländeranteil in Bezirken und dem Stimmenanteil der FPÖ herstellen lässt. Entscheidender - so die Experten - ist die Einstellung gegenüber Migranten. Und in diesem Punkt zeigt sich, dass die Migranten entgegen den Erwartungen die Einstellung ihnen gegenüber sogar verbessert haben dürften. Denn bis auf ein paar versprengte Sprengel hat in den drei Bezirken mit dem höchsten Ausländeranteil, Fünfhaus (49 Prozent), Margareten (44 Prozent) und Ottakring (43 Prozent), durchwegs Alexander Van der Bellen gewonnen.
Bei der Wiener SPÖ gibt man sich angesichts des guten Abschneidens von Van der Bellen jedenfalls selbstsicher. Lehren gebe es keine besonderen aus der Stichwahl zu ziehen, meinte Landesparteisekretär Georg Niedermühlbichler zur "Wiener Zeitung". "Uns ist es gelungen, viele Unentschlossene zur Wahl zu bringen. Und man hat wie auch bei der Wien-Wahl 2015 wieder einmal gesehen, dass man erfolgreich ist, wenn man klar Position bezieht. 63 Prozent für Van der Bellen ist schon ein starkes Zeichen", meinte Niedermühlbichler weiter.
Allerdings räumt der Politiker ein, dass es sich ohne den Bundeskanzlerwechsel wohl nicht mehr ausgegangen wäre. Der "Kerneffekt" habe wieder neuen Schwung in die Partei gebracht und vor allem frustrierte Nichtwähler wieder an die Wahlurnen gebracht. Den Hauptgrund für das gute Abschneiden Van der Bellens sieht Niedermühlbichler trotzdem in der Arbeit der vergangenen Monate - nämlich das Profil der Wiener Partei mit einer unmissverständliche Haltung geschärft zu haben.
"Die Menschen, die zur Wahl gehen, wollen wissen, was sie mit ihrer Stimme machen. Und das geht nur dann, wenn sie wissen, wofür eine Partei oder eine Person steht." Und das müsse nun auch auf Bundesebene umgesetzt werden - mit Wien als Vorzeigemodell.
Öffnung Richtung FPÖ
Aufhorchen ließ Niedermühlbichler mit einer Öffnung gegenüber der FPÖ: Man müsse darüber diskutieren können, ob es in der einen oder anderen Gemeinde nicht doch eine Zusammenarbeit mit der FPÖ geben kann. "Nämlich dann, wenn in einer Gemeinde zu 98 Prozent nur Sachpolitik stattfindet - also wenn es nur darum geht, ob dort eine Straße asphaltiert oder ein Kanal gebaut wird." Denn dann habe das nichts mehr mit Ideologie zu tun oder damit, dass irgendwo Rechtsradikale sitzen, so Niedermühlbichler. Allerdings müsse die SPÖ die Kriterien vorgeben, unter welchen Bedingungen eine solche Zusammenarbeit möglich sein kann - so wie das bereits der neue Bundeskanzler Christian Kern formuliert hat.
Grundlegenden Änderungsbedarf innerhalb seiner Partei sieht Georg Nidermühlbichler im Übrigen nur in Sachen Glaubwürdigkeit - wobei er in diesem Zusammenhang lediglich von der Bundespartei spricht: "Es klingt zwar wie Eigenlob, aber in Wien sind wir da mit unserem letzten Wahlergebnis und der angegangenen Parteireform ganz gut unterwegs. Ich sehe Wien hier als Vorbild, wie man es auf Bundesebene umsetzen könnte."