Zum Hauptinhalt springen

Wiener Inseratenkultur

Von Christian Rösner

Politik

Presse- und Informationsdienst wandert zu Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 8 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. Lange wurde darüber gerätselt, bei welchem Stadtrat der Presse- und Informationsdienst der Stadt Wien, kurz PID genannt, unterkommen soll, nachdem das Ressort von Christian Oxonitsch aufgelöst wurde. Zuerst gab es Gerüchte darüber, dass Finanzstadträtin Renate Brauner das mediale Machtinstrument bekommen soll, nachdem sie die Stadtwerke an Ulli Sima abtreten musste. Doch am Ende ist es dann doch ganz anders gekommen: Denn es ist Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny, der den PID übernehmen soll. Heute, Freitag, werden Details dazu präsentiert. Das wurde zumindest am Donnerstag in höchsten SPÖ-Kreisen bestätigt – und im Büro des Kulturstadtrates nicht dementiert.

Warum die Wahl nun auf Mailath-Pokorny gefallen ist und nicht auf Renate Brauner, erklärt ein Insider gegenüber der "Wiener Zeitung" folgendermaßen: "Eigentlich liegt es auf der Hand. Mailath-Pokorny ist ein seriöser, ruhiger Arbeiter, der genau das umsetzt, was sich der Chef wünscht. Und bei Brauner ist es so, dass sie oft andere Ansichten hat. Deswegen tut sich Häupl mit Mailath-Pokorny einfach leichter."

Der PID ist sozusagen die Kommunikationsagentur der Stadt, Heimat aller Medieneinrichtungen und damit auch für die Inseratenvergabe zuständig. Das Land Wien hat inklusive der ihm nahestehenden Firmen und Unternehmen im Vorjahr laut Medienbehörde rund 40 Millionen Euro ausgegeben und zählt damit zu den größten Einzelwerbern nach dem Medientransparenzgesetz.

Per Handschlag soll nun Rot-Grün – außerhalb des offiziellen Regierungsübereinkommens – vereinbart haben, dass das Budget für den PID um ein Drittel gekürzt wird. Das würde auch die Stadt Wien Marketing GmbH betreffen – wobei die SPÖ nur Inserate und Werbeeinschaltungen reduzieren will.

Doch grüne Aufsichtsräte

In den vergangenen Tagen ist immer wieder Kritik an diesen Nebenvereinbarungen laut geworden. So wie etwa an jener, dass 2016 ein Ausstieg aus den Schweizer Frankenkrediten stattfinden soll – die "Wiener Zeitung" hat berichtet. Aufregung gab es auch über Nebenvereinbarungen über Aufsichtsratsposten in stadtnahen Unternehmen. Offiziell wurde zuerst alles dementiert, inoffiziell aber immer wieder von verschiedenen Quellen bestätigt. Demnach scheinen solche Posten für die Grünen in der Wien-Holding, aber auch in der Stadtwerke Holding gesichert. Schließlich bekräftigte Bürgermeister Michael Häupl am Mittwochabend in "Wien heute" diese Aussagen: "Natürlich gibt es Aufsichtsräte, in denen die Grünen sitzen werden." Laut Insidern werden die aber noch bis zum Frühjahr warten müssen, da Änderungen in der Besetzung von Aufsichtsräten üblicherweise in der einmal im Jahr stattfinden Hauptversammlung vorgenommen werden.

"Es wird am Ende nicht so heiß gegessen, wie gekocht wird", meint man in der SPÖ. Dass die Grünen in die stadtnahen Betriebe hineinwollen, sei nicht verwunderlich.

"Lobautunnel kommt"

"Verwunderlich ist vielmehr, dass sie es nicht schon zu Beginn der vergangenen Legislaturperiode getan haben, was aber wahrscheinlich auf ihre damalige Unerfahrenheit zurückzuführen war", heißt es. Und Handschlagvereinbarungen abseits des Regierungsübereinkommens seien völlig normal und üblich – und würden eingehalten, wird betont.

Sehr wohl verwunderlich für viele Rote ist allerdings die "Missinterpretation" der Grünen, die sechste Donauquerung betreffend. Im Regierungsübereinkommen stehe geschrieben, dass eine solche gebaut werden müsse und der Nationalpark nicht behelligt werden dürfe. Nichts anderes sei der Donautunnel – nicht einmal der Grundwasserhorizont werde berührt. "Und die Asfinag wird sich hüten, die bereits mit Bescheid abgeschlossene Umweltverträglichkeitsprüfung noch einmal aufzurollen", meint man in gut informierten Kreisen.

Rache der Tangentenfraktion

Dass der neue Rathaus-Klubchef Christian Oxonitsch bei seiner Kür in der konstituierenden Sitzung nur 71 Prozent der Abgeordneten-Stimmen bekommen hat, wurde am Donnerstag unterschiedlich interpretiert: Die einen meinen, die Ablehnung war eigentlich an Häupl adressiert – wegen der Nebenvereinbarungen mit den Grünen. Die anderen begründen das mit Oxonitschs Wohlwollen gegenüber den Grünen. Und tatsächlich entspricht die Anzahl jener, die sich nicht für den neuen Klubchef ausgesprochen haben, der Zahl der Abgeordneten der sogenannten Tangentenfraktion. Dazu zählen Simmering, Meidling und Donaustadt – alles traditionelle Arbeiterbezirke, die mit dem größten Konkurrenzdruck durch die FPÖ zu kämpfen haben. Und in den dortigen SPÖ-Gremien sitzen auch die größten Gegner des grünen Koalitionspartners.

Oxonitsch selbst nimmt das gelassen: "Es ist ja eine meiner zentralen Aufgaben als Klubchef, genau solche Konflikte aufzulösen. Jetzt gilt es, den Blick nach vorne zu richten", so Oxonitsch zur "Wiener Zeitung"