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Wiener Kurdenmorde: Hauptverdächtiger in Europa

Von Hülya Tektas

Politik

Österreichisches Justizministerium verweigert Auskunft zu dem Fall.


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Wien. Der Hauptverdächtige der Wiener Kurdenmorde vor 24 Jahre soll sich in Europa aufhalten. Dies vermeldeten Vertreter der Demokratischen Partei Kurdistan-Iran. Mohammad Jafari Sahraroudi, gegen den seit Dezember 1989 ein internationaler Haftbefehl besteht und der heute Bürochef des Iranischen Parlamentspräsidenten ist, sei diese Woche zu einem Treffen der "Interparlamentarischen Union für internationale Schiedsgerichtsbarkeit" in Genf als Mitglied der iranischen Delegation gereist. Mittlerweile soll er sich in Kroatien aufhalten.

Dass Sahraroudi sich in Europa befindet, erfuhr Hiwa Bahrami, Vertreter der Demokratischen Partei Kurdistan-Iran (PDKI), von einer anonymen Quelle. Bahrami hätte durch die Überprüfung der Fotos auf der offiziellen Homepage des iranischen Parlaments dessen Identität feststellen können, sagte der 38-Jährige gegenüber der "Wiener Zeitung".

"Ich habe sofort das österreichische Innen- und Außenministerien kontaktiert. Sahraroudi, der keine parlamentarische Immunität besitzt, hätte von der Schweizer Regierung nach Österreich ausgeliefert werden sollen", sagt Bahrami. Obwohl das österreichische Innenministerium gegenüber Schweizer Behörden den aufrechten Haftbefehl bestätigt hätte, hätte Sahraroudi ohne Probleme aus der Schweiz ausreisen können und halte sich derzeit vermutlich gemeinsam mit der Delegation in Zagreb auf.

Schweiz: genoss Immunität

Am 13. Juli 1989 war in einer Wiener Privatwohnung der Chef der Kurdischen Demokratischen Partei-Iran, Abdul Rahman Ghassemlou, mit seinem Stellvertreter Abdullah Ghaderi-Azar und dem in Österreich eingebürgerten Kurden Fadel Rasoul bei einem Geheimtreffen mit Emissären der Führung in Teheran ermordet worden. Die Tatverdächtigen tauchten in der iranischen Botschaft unter und konnten nach Interventionen der iranischen Regierung unbehelligt ausreisen; einer von ihnen wurde sogar unter Polizeischutz zum Schwechater Flughafen geleitet.

Vertreter der iranischen Kurden bemängeln bereits seit Jahren, dass Österreich bei der Strafverfolgung des Mordes an dem Kurdenführer säumig ist. Die jetzige "Untätigkeit der Schweizer und österreichischen Behörden" deute daraufhin, dass diese politisch motiviert sei: "Wenn die österreichische Behörden es wollten, hätten sie die Morde schon längst aufklären können. Warum haben die Schweizer Behörden es verzögert, Sahraroudi festzunehmen?" Bahrami mutmaßt, dass man die politischen Beziehungen zum Iran nicht gefährden wolle und diese wichtiger seien als die Beziehungen mit den Kurden. "Dabei wäre die Verhaftung Sahraroudis ein klares Zeichen gegen den Kampf des internationalen Terrorismus."

Das österreichische Justizministerium wollte zu dem Fall keine Auskunft geben. Folco Galli vom Bundesamt für Justiz in der Schweiz sagte zur "Wiener Zeitung", dass internationale Fahndungsersuchen dem Amtsgeheimnis unterstünden und er daher keine Auskunft geben könne, auch nicht, ob es einen Austausch mit den österreichischen Behörden gegeben hätte. Galli gab aber an, dass Sahraroudi als "offizieller iranischer Delegierter im Rahmen dieser Tagung Immunität genoss und in der Schweiz gar nicht verhaftet hätte werden können."