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Wiener Linien

Von Reinhard Göweil

Politik
Wird auf den Tisch hauen müssen: Michael Häupl.
© Newald

Michael Häupl hat den Deckel auf den Wiener SP-Kochtopf gelegt, aber im Jänner muss alles fertig gekocht sein.


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Wien. Christian Deutsch hat von der "Wuchtel" seines Landesparteiobmannes und Wiener Bürgermeisters Michael Häupl nicht stark profitiert. Der ehemalige Landesparteisekretär forderte Häupl jüngst auf, endlich seine Nachfolge zu regeln. Dahinter steckte ein handfester Richtungsstreit in der Wiener Sozialdemokratie. Häupl beendete ihn am Donnerstag - vorerst. "Ein einziger hat gemeint, ich soll meine Nachfolge regeln. Und der hat nicht einmal 300 Follower auf Facebook." Natürlich meinte er Twitter - geschenkt.

Deutsch hatte bis Donnerstag 206 Follower - und nun 215. Kein wirklich großer Sprung für einen, der die Revolution in der Wiener Sozialdemokratie ausrufen wollte. Der Streit zwischen den beiden Bezirksorganisationen in den Flächenbezirken nördlich der Donau (Floridsdorf und Donaustadt) plus den südöstlichen Bezirken Simmering und Liesing gegen die anderen 19 ist damit aber nicht beendet. Häupl hat ein Machtwort gesprochen, dass er derjenige sei, der die künftigen Wiener Linien skizzieren werde. "Wir haben uns darüber verständigt, dass ab jetzt nur der Bürgermeister über dieses Thema spricht", bestätigte Wiens SPÖ-Klubchef Christian Oxonitsch der "Wiener Zeitung".

Aber das dürfte nur für das Partei-Präsidium gelten. "Die Art und Weise, wie Häupl mit der Kritik umgegangen ist, zeigt, dass er sie offensichtlich nicht ernst genommen hat", meinte Christian Deutsch auf Anfrage.

Der Simmeringer Bezirks-Parteichef Harald Troch, bisher eher unauffällig in der Stadtpolitik tätig, will am Montag beim Parteivorstand der SPÖ auf den Tisch hauen. Wie tief die Gräben sind, zeigt der Satz eines ungenannt bleiben wollenden Parteifreundes, der sich bei Troch "das inhaltliche Engagement wünscht, dass er jetzt für Intrigen verschwendet".

Häupl hat jedenfalls für Jänner einen weiteren Parteivorstand der Wiener SPÖ angekündigt. Da sollten dann Entscheidungen fallen. Das beschlussfähige Gremium findet zwar auch am Montag statt, doch vor der Präsidentschaftswahl am 4. Dezember sind Umwälzungen in der österreichischen Politik generell abgeschafft - auch in Wien. Denn die SPÖ möchte natürlich, dass Alexander Van der Bellen die Wahl gegen Norbert Hofer (FPÖ) gewinnt. Dazu benötigt Van der Bellen ein gutes Ergebnis in Wien - mit einer zerstrittenen Stadt-SPÖ ist das nicht zu machen.

Präsidentschaftswahl ist für alle ein Meilenstein

Nach dem 4. Dezember hat die heimische Innenpolitik - egal, wer gewinnt - ohnehin andere Sorgen. Häupl kaufte sich am Donnerstag Zeit bis Jänner. Und die wird er nutzen müssen, ist aus der Stadtpartei zu hören. Denn er wird diesen Richtungsstreit nicht mehr väterlich moderieren können, sondern wird auf den Tisch hauen müssen - und sich für jemand entscheiden. Nun hat Häupl den Termin Jänner selber genannt, da wird er inhaltlich Stellung nehmen müssen. Die Zeit der Wuchteln ist vorbei.

Der Gruppe um die "Flächenbezirke" soll auch Parlaments-Präsidentin Doris Bures angehören, eine langjährige Vertraute von Ex-Kanzler Werner Faymann.

Auf der anderen Seite des Ufers werden jedenfalls die "Bezirke innerhalb des Gürtels" verortet, ihr Gesicht ist die Sozial- und Gesundheits-Stadträtin Sonja Wehsely. Der "transdanubische" Kontrahent ist Wohnbau-Stadtrat Michael Ludwig. Beide waren in der aktuellen Diskussion medial nicht präsent - kein Wunder.

Dahinter stecken aber durchaus inhaltliche Debatten. Der "rechte Flügel" in der SPÖ will - wie die ÖVP Niederösterreich - über die Mindestsicherung diskutieren. Der "linke Flügel" verweist darauf, dass an erster Stelle der Bürger-Probleme der Bundeshauptstadt Mieten und "Wiener Wohnen" genannt wird. Vor allem in den Gemeindebauten, früher eine Domäne der SPÖ, gibt es viele Unzufriedenheiten. Vor allem die fast undurchdringliche Bürokratie dort wird als Problem genannt. Derzeit werden daher Michael Ludwig (55) geringere Chancen eingeräumt, als Nachfolger für Michael Häupl (67) nominiert zu werden. Den wird ja nun, nach seinem Machtwort am Donnerstag, Häupl selbst bestimmen.

Ob ein Politikwechsel, egal in welche Richtung, mit dem vorhandenen Personal glaubwürdig "verkauft" werden kann, bestreiten der rechte wie der linke Flügel in der SPÖ. Der an Amtsjahren jüngste Stadtrat der SPÖ ist Michael Ludwig, er ist seit zehn Jahren in der Stadtregierung.

Daher werden immer wieder neue Namen genannt, etwa Andreas Schieder. Er ist SPÖ-Klubobmann im Nationalrat - und Ehemann von Sonja Weshely. Sie würde wohl weichen, doch Schieder selbst gibt sich entspannt. "Ich schaue von meinen jetzigen Büro auf den Rathausplatz, das ist auch schön."

Und daneben gibt es die Jugend-Organisationen der SPÖ, die jede Hinwendung zur FPÖ ablehnen. Bis Jänner wird Häupl aus diesem Kochtopf ein schmackhafte Speise zaubern müssen . . .