Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 24 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Es mag sein, dass es Jahre gegeben hat, in denen die Politik an der Zeitgeschichte interessiert war, die Schule aber nicht. Derzeit jedenfalls ist es umgekehrt: Während in der politischen Arena ein Lob der NS-Beschäftigungspolitik ebenso klar vernehmbar ist wie die kritik- oder bewusstseinslose Reproduktion eines SS-Slogans, gibt es im Schulwesen Wiens das Gegenteil: eine Fülle intellektueller, geschichtsbewusster und sensibler Projekte.
Gerade jetzt, in Matura-Zeiten, hat die Zeitgeschichte den größten Stellenwert: Fachbereichsarbeiten werden geschrieben, mündliche Prüfungen abgelegt, Projekte abgeschlossen - und das beileibe nicht nur im Geschichtsunterricht. Besonders stolz muss man aber auf schulübergreifende Vorhaben sein, in denen Professorinnen und Professoren gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern die eigene Schulgeschichte aufarbeiten, Referentinnen und Referenten, ehemalige Schülerinnen und Schüler und Überlebende des Holocaust einladen. Sie informieren die Schule und die Öffentlichkeit mit jenem Mut und einer Sensibilität, die zumindest in Teilen des derzeitigen Parteienspektrums schmerzlich fehlt.
Das Bundesgymnasium Wien 1, Schottenbastei, steht mit einer solchen hervorragenden Initiative nicht allein. Dennoch soll seinen Professorinnen und Professoren besonders gedankt werden. Das Zeitgeschichtsprojekt dieses Gymnasiums ist nicht nur für die gegenwärtige Schülergeneration wichtig, sondern für die ewigen Schülerinnen und Schüler, die das Dritte Reich wie durch ein Wunder überlebt haben und zu der Schulfeier eingeladen worden sind. Für sie sind wir da - das BG Wien 1 und alle anderen Wiener Zeitgeschichtsprojekte gehören vor den Vorhang!