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Wiener VP will demokratische Kontrolle stärken und Verfassung ändern

Von Walter Hämmerle

Politik

Wiens Verfassung ist in vielerlei Hinsicht einzigartig. Der Verfassungsrechtler Manfried Welan hat schon vor Jahrzehnten die beispiellose Machtfülle des Wiener Bürgermeisters beschrieben. Leidtragende dieser Konstellation sind die Oppositionsparteien, hinken ihre Kontrollrechte doch hinter jenen in anderen Bundesländern weit hinterher. Die Wiener VP startet nun einen neuen Anlauf, um diese Situation zu ändern.


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Wien ist auch verfassungsrechtlich anders, nämlich Stadt und Bundesland zugleich: Deshalb hat hier der Gemeinderat auch die Funktion des Landtages, der Stadtsenat jene der Landesregierung und der Bürgermeister die des Landeshauptmannes.

Wien ist jedoch nicht zu gleichen Teilen Stadt und Land, dominiert doch in fast allen Macht- und Kompetenzfragen eindeutig der kommunale Charakter der Bundeshauptstadt. Und Bestimmungen der Gemeindeordnung - wie etwa das Wahlrecht - haben im Unterschied zu Landesverfassungen den Vorteil, dass sie mit einfacher Mehrheit geändert werden können.

"Von einer demokratischen Gewaltenteilung im klassischen Sinn kann in Wien keine Rede sein", kritisiert dementsprechend der Wiener VP-Klubobmann Matthias Tschirf, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Statt eines unabhängigen Landesrechnungshofes wie in anderen Bundesländern gibt es lediglich ein Kontrollamt der Stadt, dessen Mitarbeiter noch dazu Teil des Magistrats unter Führung des Bürgermeisters sind. Anstelle von nach gerichtlichen Prinzipien arbeitenden Untersuchungs-"Ausschüssen" gibt es nur Untersuchungs-"Kommissionen", die nach verwaltungsrechtlichen Grundsätzen arbeiten müssen. Auch eine unabhängige Anlaufstelle für die Erstellung juristischer Gutachten - in den anderen Bundesländern erfüllt diese Funktion die Landtagsdirektion - existiert in der Bundeshauptstadt nicht, beklagt Tschirf. Zudem laufen sämtliche Anfragen der Abgeordneten ausnahmslos über die Büros der Stadträte.

Angesichts dieses parlamentarischen Kontrolldefizits sollte sich daher die allein regierende Wiener SP ruhig die Rufe der Bundes-SPÖ nach einem Ausbau der Demokratie zu Herzen nehmen, findet Tschirf. Er plädiert vor dem Hintergrund des Österreich-Konvents für eine Änderung der Stadtverfassung nach dem Vorbild der deutschen Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg.

Die derzeitige Rangordnung, nach der die Organe der Gemeinde zugleich auch die Funktionen des Landes übernehmen, würde damit umgekehrt, indem das Land Wien gleichzeitig die Aufgaben der Gemeinde wahrnimmt. Die Untergliederung in Bezirke soll dabei jedoch aufrechterhalten bleiben.