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Wiens Pläne laut Juristen unzulässig

Von Daniel Bischof

Politik
Ein Schweizer Taschenmesser dürfte man in der Waffenverbotszone nicht mehr tragen
© zhengzaishanchu/stock.adobe.com

Bürgermeister Michael Ludwig will, dass ganz Wien zur Waffenverbotszone wird. Das werde nicht funktionieren, sagen Verfassungsrechtler.


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Wien. Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) setzt weiterhin auf "Law and Order": Nach dem Alkoholverbot am Praterstern und dem Essensverbot in U-Bahnen soll nun auch im gesamten Wiener Stadtgebiet eine Waffenverbotszone gelten. Bisher gibt es solche Zonen in Österreich nur in Gebieten, die als Kriminalität-Hotspots berüchtigt sind: Seit Dezember 2018 sind der Hinsenkampplatz in Linz und die Innsbrucker Bogenmeile Waffenverbotszonen.

Es sei "nicht einsichtig", das Verbot in Wien nur auf einzelne Plätze zu beschränken, hieß es am Montag aus Ludwigs Büro. Die Zone müsse auf ganz Wien ausgeweitet werden. Eine Stellungnahme sei bereits an die Landespolizeidirektion Wien ergangen.

Verfassungsjuristen halten diese Pläne für unzulässig. "Das wird nicht funktionieren", erklärt Ewald Wiederin, Professor und Vorstand des Instituts für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Wien, gegenüber der "Wiener Zeitung". Denn nach dem Sicherheitspolizeigesetz (SPG) könne eine Zone nur dann zur Waffenverbotszone erklärt werden, wenn es sich um eine unsichere Gegend handle. "Die Stadt Wien insgesamt ist eine sichere Stadt", führt Wiederin aus.

Auch die Polizei ist skeptisch

Die Ausweitung auf das gesamte Stadtgebiet könne "sicher nicht auf die gesetzliche Ermächtigung gestützt werden", sagt der Verfassungsjurist Bernd-Christian Funk. Und auch die Wiener Polizei ist skeptisch: Eine solche Zone für ganz Wien sei rechtlich nicht zulässig.

Konkret findet sich die Ermächtigung zur Erlassung einer Waffenverbotszone in § 36b SPG. Die Bestimmung wurde mit einer Novelle 2018 eingeführt. Demnach können "bestimmte öffentliche Orte" mittels Verordnung zu Waffenverbotszonen erklärt werden. Das setzt aber voraus, dass dort – etwa wegen "vorangegangener gefährlicher Angriffe" – Attacken auf "Leben, Gesundheit oder Eigentum von Menschen" erwartet werden.
Erlassen müsste die jeweilige Verordnung die zuständige Sicherheitsbehörde, in der Bundeshauptstadt ist das die Landespolizeidirektion Wien. Exekutivbeamte dürfen in der Zone Menschen und Fahrzeuge durchsuchen, wenn konkrete Verdachtsmomente bestehen. Ein Verstoß stellt eine Verwaltungsübertretung dar und kann mit einer Geldstrafe bis zu 500 Euro bestraft werden.

So wie in Linz und Innsbruck wollte auch die Wiener Exekutive nur gewisse Gebiete zu einer solchen Zone erklären, wurde im Büro von Ludwig erklärt. Konkret wurden der Praterstern und der Treppelweg vor dem Club Flex beim Donaukanal vorgeschlagen. Das sei aber "nicht nachvollziehbar", heißt es aus dem Rathaus. Eine außerordentliche Häufung gefährlicher Angriffe mit Waffen sei dort nicht zu verzeichnen bzw. auch nicht zu erwarten.
Aus präventiven Gründen dürfe "keinesfalls" die Wirkung erzielt werden, dass in der Zone verbotene Verhaltensweisen anderswo erlaubt und gesellschaftlich akzeptiert sind. Es sei daher "unabdingbar, die Verordnung der Waffenverbotszonen auf das gesamte Wiener Stadtgebiet auszuweiten", hieß es aus dem Rathaus.

Dieser Plan widerspricht laut den Juristen aber nicht nur dem Sicherheitspolizeigesetz. "Wenn ganz Wien zum Kriminalität-Hotspot erklärt wird, stellt sich auch die Frage, ob das verhältnismäßig ist", so Verfassungsrechtler Funk.

"Wenn Sie nicht Koch sind, wird es eng"

Der Hintergrund: Die Zone dürfen Menschen mit Waffen nicht betreten. Auch Gegenstände, "die geeignet sind und den Umständen nach dazu dienen, Gewalt gegen Menschen oder Sachen auszuüben", sind laut SPG verboten. Schusswaffen dürfen bereits bisher schon nur von dazu berechtigten Personen mit sich geführt werden – also etwa Polizisten und Menschen, die einen Waffenpass besitzen. Dieser Personenkreis darf Schusswaffen aber auch in einer Waffenverbotszone tragen. Weiters sind der Besitz und das Führen von Schlagringen und Totschlägerin bereits bisher gemäß dem Waffengesetz verboten.

Praktisch bleiben damit vor allem Küchen- und Taschenmesser übrig: Mit ihnen dürfte man die in ganz Wien gültige Zone daher nicht mehr betreten. Das hätte, wenn keine weiteren gesetzlichen Differenzierungen vorgenommen werden, absurde Folgen. So dürfte jemand seine gerade im Kaufhaus erworbenen Messer theoretisch nicht mehr nach Hause führen. "Wenn Sie nicht Koch sind, wird es eng", sagt Wiederin.