Zum Hauptinhalt springen

Wiens Wandel von einer Stadt des Handwerks zur "Dienstleistungsstadt"

Von Petra Medek

Wirtschaft

In den vergangenen 40 Jahren hat sich die Wirtschaft Wiens deutlich verändert. Ein Vergleich mit den sechziger Jahren, die als glorreiche Zeit des Wirtschaftswunders gelten, zeigt jedoch, dass in der Bundeshauptstadt die Versorgungsdichte mit gewerblichen Betrieben heute genauso hoch ist wie damals.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 23 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Doch mittlerweile ist Wien von einer Handwerks- zu einer Dienstleistungsstadt geworden. Die Wiener Wirtschaftskammer (Sektion Gewerbe, Handwerk und Dienstleistung) hat Zahlen aus vier Jahrzehnten gesammelt und gegenübergestellt. Demnach war die Entwicklung in den 70er und 80er Jahren von einem Greißler- und Kinosterben sowie vom Hinausdrängen kleiner und mittlerer Gewerbebetriebe aus dem Wohn- und Stadtgebiet gekennzeichnet. Danach stieg die Zahl der Unternehmen wieder an und hält heute beim Wert von 1961.

Mit Stichtag 31. Dezember 1961 kam auf rund 44 Bewohner ein Betrieb, der in der Kammerstatistik der Sektion Gewerbe, Handwerk, Dienstleistung zugezählt wird. Genau 40 Jahre später (Stichtag 31. Dezember 2000) lautet das Verhältnis wieder 1:40. Die schlechteste Versorgungsdichte wurde 1971 verzeichnet, als das Verhältnis fast 1:60 lautete. Oder anders ausgedrückt: Auf 60 Wiener kam ein handwerklicher Betrieb.

Die allgemeine Verlagerung zu Gewerbe und Dienstleistung setzte in den neunziger Jahren ein. 1961 wurden in Wien 109.191 aktive Kammermitglieder registriert. 2000 waren es nur mehr 88.930. Im Bereich der Gewerbe-Sektion gab es Anfang der sechziger Jahre 37.324 aktive Fachgruppenmitglieder. 2000 waren es noch immer 36.516, also um lediglich 808 Betriebe weniger.

Für diese Entwicklung hauptverantwortlich sind laut WKÖ die "gewaltigen strukturellen" Veränderung in diesem Bereich: Es gab wie in allen übrigen Branchen Abwanderungen in die Wiener Umlandgemeinden, aber auch einen starken Einbruch bei den traditionellen Handwerksberufen. Mitverantwortlich für diesen Trend waren und sind laut einer Studie des Instituts für Gewerbe- und Handelsforschung (IFGH) etwa die Parkraumbewirtschaftung, das Fehlen ausreichend großer Betriebsflächen sowie Mieten und Anrainerproteste.

Der Erhebung des IFGH von Jänner zufolge wollen 1.300 Wiener Gewerbetreibende in den nächsten drei Jahren zusperren. Besonders Klein- und Kleinstbetriebe, speziell Friseure und Tischler, seien davon betroffen, erklärte IFGH-Gewerbe-Experte Walter Bornett gegenüber der "Wiener Zeitung". Keinen branchenspezifischen Schwerpunkt gibt es bei jenen 9%, die in diesem Zeitraum ihren Standort wechseln wollen. 50% davon wollen innerhalb in Wien umsiedeln, ein Drittel möchte ins Umland abwandern, so Bornett.

Im Gegensatz zu den anderen Branchen schlug sich der Boom bei den neuen Informationstechnologien und Wirtschaftsdienstleistern bei der Zahl der Handwerks- und Dienstleisterbetriebe positiv zu Buche. Wobei diese seit zwei bis drei Jahren bestehende Entwicklung (vor allem im IT-Bereich) Klein- und Kleinstbetriebe auf den Markt brachte.