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Wieso zieren sich die Väter vor der Karenz?

Von Beatrice Bösiger

Wirtschaft
Männer mit Kinderwagen - in Österreich ist das noch ein seltener Anblick. Foto: bilderbox

Männer in Karenz müssen in Österreich noch mit der Lupe gesucht werden. | Kindergeld als | Armutsrisiko. | Wien. Zehn Monate tauschte er seinen Schreibtisch gegen einen Sandkasten. "Ich hatte keine Probleme damit, in Karenz zu gehen", sagt Robert Treichel, Journalist beim Wochenmagazin Profil, bei einer Veranstaltung von T-Systems und dem Abz-Austria über Väterkarenz. Ein seltener Fall - denn obwohl in Österreich seit 1990 rechtlich auch eine Auszeit für Väter möglich ist, zieren sich die heimischen Männer immer noch. Im Jänner 2008 haben laut Statistik Austria 166.648 Personen Kindergeld bezogen, davon 160.376 Frauen und 6272 Männer, also bloß 3,8 Prozent.


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Wenn Karenz leistbar ist

Dass es auch anders geht, zeigen Beispiele aus anderen europäischen Ländern - vor allem aus dem Norden. In Island zum Beispiel bleiben ungefähr 80 Prozent der Väter in den ersten Lebensmonaten des Kindes zu Hause. Ein Grund dafür ist, dass Karenz in Island leistbar ist - das Karenzgeld beträgt rund 80 Prozent des letzten Verdienstes.

Hierzulande sind in den Augen des Sozialhistorikers Reinhard Siedler von der Universität Wien die immer noch herrschenden traditionellen Rollenbilder für das Scheitern der Väterkarenz verantwortlich. Vor allem die Geburt des ersten Kindes führe dazu, dass Väter das Gefühl bekommen, sie müssten jetzt die Versorger-Rolle übernehmen. "Wenn das erste Kind kommt, arbeiten Väter oft noch mehr", weiß Siedler. Dabei ließe sich empirisch nachweisen, dass partnerschaftliche Konflikte ihren Ursprung oft darin haben, dass die Lebenswelten von Vätern und Müttern sich nach der Geburt des Kindes auseinander entwickeln. Neben den Vorteilen für das Kind - Kinder, die mit beiden Elternteilen aufwachsen, zeigen früher Sozialkompetenz - hat Väterkarenz also auch einen stabilisierenden Einfluss auf die Partnerschaft.

"Aus Sicht der Wirtschaft ist es wichtig zu erkennen, dass Mitarbeiter auch bei der Kinderbetreuung besondere Fähigkeiten erlernen können", sagt Tina Reisenbichler, Mitglied der Geschäftsleitung bei T-Systems. Darunter fallen auch sogenannte Soft-Factors wie soziale Kompetenz oder Multi-Tasking, die im Management immer bedeutender werden. Um Männer mehr für die Väterkarenz zu begeistern, müsste allerdings die Väterkarenz überhaupt einmal Thema im Unternehmen sein. "Das muss Top-Down geschehen", sagt Reisenbichler.

Unternehmen gefordert

Bei T-Systems können werdende Väter zwischen verschiedenen Möglichkeiten wählen: Von totaler Karenz - das heißt, die Väter verabschieden sich während einiger Monate ganz - bis zu einem Tag Arbeit in der Woche ist alles möglich.

Politik und Wirtschaft hätten hier den Auftrag, gemeinsam für einen gesellschaftlichen Wandel zu sorgen.

"Ein Papamonat ist nicht genug," meint auch Manuela Vollmann, Abz-Austria-Geschäftsführerin. Sie schlägt vor, das Kindergeld nicht für alle gleich, sondern in Relation zum Einkommen zu gestalten, wie es in Deutschland passiert. So würde die Karenz nicht mehr ein Armutsrisiko darstellen. Doch auch Unternehmen müssen kleine Schritte setzen. Dazu gehört eine Flexibilisierung der Arbeitszeit, die es Vätern ermöglicht, Erziehungsarbeit zu leisten.

Bei Microsoft Österreich steht man dem Thema Väterkarenz positiv gegenüber. Es gäbe zwar erst zwei Väter, die sich karenzieren haben lassen, wie Alexander Hahnefeld von Microsoft Österreich meint. Diese beiden würden allerdings eine Vorbildfunktion für alle anderen Väter ausüben.