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WZ-Analyse zu MehrwertsteuerExperiment. | Keine Auswirkungen auf Österreich. | Wien. Die Mitgliedsstaaten der EU können nicht frei entscheiden, wie sie Mehrwertsteuer einheben. Sie müssen sich dabei an die Vorgaben der Sechsten Mehrwertsteuer-Richtlinie halten. Diese besagt, dass es in jedem Land einen Normalsteuersatz von mindestens 15 Prozent geben muss. Daneben darf man aus sozialen oder kulturellen Gründen auf bestimmte, in der Richtlinie aufgelistete Güter und Dienstleistungen ein bis zwei reduzierte Steuersätze von mindestens 5 Prozent einheben.
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Im Jahr 1999 versuchte die EU, die Arbeitslosigkeit zu senken, indem Mitgliedsstaaten zeitlich befristet für arbeitsintensive Dienstleistungen wie Reparaturen von Fahrrädern, Schuhen, Lederwaren und Kleidung, für die Renovierung von Privatwohnungen, häusliche Pflegedienste, Friseurleistungen oder Fensterreinigung ebenfalls reduzierte Mehrwertsteuersätze einheben durften. Neun Staaten nahmen diese Möglichkeit in Anspruch. Österreich war nicht darunter. Der damalige Finanzminister Rudolf Edlinger meinte, der Beschäftigungseffekt dieser Maßnahme sei fraglich. Der Steuerausfall wäre hingegen sicher.
Ende 2005 ist die Frist, innerhalb jener die neuen reduzierten Mehrwertsteuersätze zulässig sind, abgelaufen. Es müssen die Sätze also entweder in den betroffenen neun Ländern angehoben werden, oder die Regelung wird durch die EU einstimmig verlängert.
Genau das sieht ein Vorschlag der österreichischen Ratspräsidentschaft vor. Die Regelung soll erneut bis 2010 verlängert werden, und auch die neuen EU-Mitglieder sollen davon Gebrauch machen dürfen.
Sonderfall Polen
Die Verlängerung ist bisher am Widerstand Polens gescheitert. Nicht, weil Polen prinzipiell dagegen wäre, sondern weil es eine weitere Sonderregelung verlangt. In Polen gibt es seit jeher einen reduzierten Steuersatz auf den Neubau von Wohnungen. Dieser ist nicht EU-konform. Er würde laut dem Beitrittsvertrag Polens 2007 auslaufen. Polen will seinen Steuersatz aber beibehalten und verknüpft das bisher mit seiner Zustimmung zum österreichischen Vorschlag.
Detail am Rande: Gleichzeitig mit der Verlängerung für arbeitsintensive Dienstleistungen soll auch für Fernwärme unbefristet die Möglichkeit geschaffen werden, einen niedrigeren Mehrwertsteuersatz anzuwenden. Hier geht es um Gleichbehandlung; für Strom und Gas existiert diese Möglichkeit bereits. Unabhängig von der Möglichkeit hat sich der österreichische Gesetzgeber allerdings entschlossen, auf Strom, Gas und Fernwärme 20 Prozent Mehrwertsteuer einzuheben.