Wifo-Expertin Schratzenstaller für Gesamtbetrachtung des Systems. | "Hebel gegen Wildwuchs."
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Wien. Die Steuerpolitik eines Landes ist zentrale Aufgabe einer Regierung. Damit werden Einkommensunterschiede in der Bevölkerung ausgeglichen oder verstärkt. Jedenfalls wird Steuerpolitik häufig als Mittel der Umverteilung betrachtet.
Finanzstaatssekretär Andreas Schieder hat am Wochenende einen neuen Vorschlag unterbreitet. Demzufolge soll die Höchstbeitragsgrundlage (derzeit 4200 Euro pro Monat) für die Kranken- und Unfallversicherung aufgehoben werden. Dezidiert ausgenommen von einer Aufhebung der Höchstbeitragsgrundlage hat der Staatssekretär die Pensionsversicherung, denn dann müssten auch die Pensionsauszahlungen erhöht werden.
Jedenfalls lehnte ÖVP-Finanzsprecher Günter Stummvoll den Schieder-Vorschlag augenblicklich entschieden ab. Schon jetzt würden Besserverdiener für die gleiche Leistung sechsmal soviel zahlen wie jene, die nur den Mindestbeitrag zahlen. "Das Umverteilungsinstrument ist die Steuer", stellte Stummvoll klar. Er sei dagegen, dass die Sozialversicherung zu "einer gigantischen Umverteilungsmaschinerie" umfunktioniert würde.
Kombination aus Steuer und Sozialabgaben
Hintergrund des Schieder-Vorschlags ist aber die Debatte um den integrierten Steuertarif. Einen solchen hat Finanzministerin Maria Fekter schon mehrmals in Aussicht gestellt. Auch der Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), Karl Aiginger, rät der Regierung, sich beim Steuersystem auf einen Einheitstarif zu einigen. Er schlägt also eine Kombination von Einkommensteuer und Sozialabgaben vor. Bei der nächsten Steuerreform soll, geht es nach dem Wifo, bereits der integrierte Tarif wirksam werden.
Und es hat den Anschein, als würden sich beide Regierungsparteien in diese Richtung bewegen. Denn die SPÖ hat mit einem integrierten Tarif schon immer geliebäugelt. Allerdings kommt es auf das Wie an. Wifo-Steuerexpertin Margit Schratzenstaller bezeichnete die Debatte jedenfalls als sinnvoll. "Wir haben einen derartigen Wildwuchs im Steuersystem. Ein integrierter Tarif wäre ein Hebel, diesen Wildwuchs zu beseitigen", betonte sie gegenüber der "Wiener Zeitung".
Allerdings warnt die Expertin davor, Einzelbausteine - etwa die Aufhebung der Höchstbeitragsgrundlage - herauszunehmen.
Die Idee eines integrierten Tarifs besteht darin, Sozialversicherungsabgaben und Steuern gemeinsam abzuziehen (nicht wie jetzt zuerst die Sozialversicherungsbeiträge abziehen und den Rest des Einkommens zu versteuern), damit die Sozialversicherung (Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung) zu bedienen und den Rest als Steuerleistung zu verbuchen.
Die Frage sei aber, wie diese Tarife gestaltet würden, gibt Schratzenstaller zu bedenken. Ob das System progressiv (eher umverteilend) oder proportonal ausgelegt werde, sei eine politische Entscheidung.
Ein integriertes System müsse auch nicht zwangsläufig in eine Flat tax münden. Man könne auch mehrere Steuerstufen einführen. Aber keinesfalls sei das Herausgreifen eines Bausteins - etwa der Höchstbemessungsgrundlage - zielführend, so die Expertin.
Kanzler Faymann will Steuerreform bis 2013
Derzeit gelten drei Tarife: Die Steuerpflicht beginnt bei einer Bemessungsgrundlage von 11.000 Euro (brutto rund 17.000 Euro). Der unterste Steuertarif bei Einkommensteilen bis 25.000 Euro (Bemessungsgrundlage) beträgt 36,5 Prozent, der mittlere Tarif 43,21 Prozent. Dieser gilt bis zu Einkommensteilen von 60.000 Euro, ab dann gilt der Spitzensteuersatz von 50 Prozent.
Kanzler Werner Faymann wünscht sich eine Steuerreform bis 2013, wobei die SPÖ vermögensbezogene Steuern forciert. Auch Finanzministerin Fekter und ÖVP-Obmann Michael Spindelegger sind für eine Steuerreform. Die ÖVP drängt aber auf Verbesserungen für Familien.