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Wildes Gezerre um Biotreibstoffe

Von Dieter Friedl

Wirtschaft

Österreich könnte Alleingang wagen. | Die heimische Biodiesel-Industrie steckt in der Krise. | Wien. Die Probleme mit den Biotreibstoffen werden immer größer. Die offizielle Linie ist zwar nach wie vor, zumindest eine 10-prozentige Beimischungs-Quote bis 2010 anzupeilen, der Weg dorthin wird aber immer steiniger.


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Dass der politische Wille lange noch nicht ausreicht, Maßnahmen auch wirklich durchzusetzen, hat man in Deutschland gesehen, wo die Einführung von Benzin mit einer zehnprozentigen Ethanolbeimischung (E 10) gescheitert ist. Auch die Aufstockung des Bio-Anteils bei Diesel von 5 auf 7 Prozent (B 7) ist nach wie vor in Schwebe. Um die für Herbst 2008 fixierte Erhöhung des Bio-Anteils bei Treibstoffen auf 5,75 Prozent durchzuführen, müsste Österreich allerdings auf B 7 setzen. Ob ein Alleingang gewagt wird, soll sich in Kürze entscheiden.

Die deutsche Regierung musste erst kürzlich Lehrgeld bezahlen: Umweltminister Sigmar Gabriel verließ sich nämlich zunächst auf die Zusagen der deutschen Autoindustrie, dass nur ein kleiner Teil von Fahrzeugen nicht E-10-tauglich sei. Die internationale Autolobby ließ die deutschen Autobauer jedoch anrennen und erklärte, dass Millionen ihrer Fahrzeuge E 10 nicht tanken dürfen. Hintergrund: Man wollte der deutschen Konkurrenz keine Vorteile verschaffen.

Deutsche Autobauer haben eine Modellpalette, die besonders viel CO 2 ausstößt und dadurch Probleme hat, die EU-Vorgabe von 120 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer zu erreichen. Mit der Erhöhung der Bio-Anteile hätte man dieses Ziel leichter anpeilen zu können. Franzosen, Italiener und Japaner haben mit ihren viel leichteren und billigeren Modellen Startvorteile im CO 2 -Wettlauf. Der deutsche Umweltminister Gabriel musste letztendlich einen Rückzieher machen.

Autos nicht geeignet?

Ein ähnliches Schauspiel wird derzeit auch bei Diesel geboten, wo der Bio-Anteil von knapp unter 5 auf 7 Prozent gesteigert werden soll. Auch hier zögert die Autoindustrie und möchte erst einmal testen, bevor grünes Licht gegeben wird. Dabei wird etwa in Frankreich bereits seit fünf Jahren mit B 7 gefahren. In Deutschland sollen neue Normen für B-7-Diesel erst im Sommer erstellt werden.

Die Autobauer erklären, je höher der Anteil von Biodiesel in der Diesel-Kraftstoff-Mischung ist, umso weniger sei er für unmodifizierte - also nicht auf Bio-Diesel ausgelegte - Motoren geeignet. Auch sei nicht auszuschließen, dass es durch den Biodiesel-Betrieb zu einer Verdünnung des Motoröls kommen kann. Eventuell habe das negative Auswirkungen auf die Ölwechselintervalle.

Für Österreich stellt sich nun die Frage, ob man einen Alleingang wagen soll, um die - zwingende - Vorgabe, ab Herbst 2008 einen 5,75 prozentigen Bioanteil bei Treibstoffen zu erfüllen, möglich zu machen.

Nachdem E 10 gestorben ist, ist dies nur mehr mit einer rechtzeitigen Einführung von B 7 möglich. Am 21. April wird der heimische Normungsausschuss zusammentreten und soll entsprechende Vorarbeiten hinsichtlich der B-7-Normung treffen. Ist diese Frage geklärt, müsste dann auch noch das Problem einer steuerlichen Bevorzugung bei der Mineralölsteuer angegangen werden. Diese gibt es derzeit nur bei einer Beimischung von bis zu fünf Prozent.

Insolvenz in Enns

Für die heimischen Biodiesel-Produzenten, die in einer tiefen Krise stecken, wäre die B-7-Einführung zumindest eine gewisse Erleichterung. In den vergangenen Jahren wurden große Kapazitäten aufgebaut, für die es derzeit keine Abnehmer gibt. Grund dafür ist der Preis für den Rohstoff. Die Fabriken arbeiten vorrangig auf Basis von Rapsöl - das in Österreich kaum vorhanden ist. Die Weltmarktpreise sind derart hoch, dass etwa eine funkelnagelneue Biodieselfabrik in Serbien gar nicht aufgesperrt wird, weil es lukrativer ist, Rapsöl aus der angeschlossenen Ölmühle am Markt zu verkaufen als selbst zu verarbeiten.

Es scheint daher nicht verwunderlich, dass das größte Biodieselwerk in Österreich - jenes in Enns mit einer Kapazität von 110.000 Tonnen pro Jahr - seit Monaten stillsteht und der deutsche Mehrheitseigentümer nun Insolvenz angemeldet hat. Der Minderheitsaktionär, die oberösterreichische Raiffeisenlandesbank, die 49 Prozent der Anteile hält, hat angekündigt, die restlichen Anteile übernehmen zu wollen.

In Enns dürfte man sich nicht rechtzeitig um die Rohstoffbasis gekümmert haben, worauf die Bank den Betriebsmittelkredit gekündigt hat. Auch das niederösterreichische Abid-Werk des deutschen EOP-Konzerns kämpft mit großen Problemen. Seite 4