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Wilhelm Thiel: Mehr als zwei Jahrzehnte für die AUVA

Von Christoph Mandl

Wirtschaft

An der Spitze großer Unternehmen ist · wie immer wieder zu erleben · der "Verschleiß", sowohl personell als auch physisch, sehr groß. Umso seltener sind daher auch jene Top-Manager, die über Jahre | oder gar Jahrzehnte die Geschicke eines Unternehmens leiten. Einer dieser raren Spezies ist Wilhelm Thiel, der im Oktober dieses Jahres nach mehr als 21jähriger Tätigkeit als Generaldirektor der | Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) in den Ruhestand tritt.


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"Der Umstand", daß wir in den letzten Jahren eine stetige Abnahme der Arbeitsunfallzahlen verzeichnen konnten, kommt nicht von ungefähr", begibt sich Thiel gleich in sein Metier. Am Anfang seiner

Tätigkeit stand nämlich der Aufbau modernster Präventionsarbeit. "Verhüten statt Vergüten" hieß die Devise.

Keine Frage, daß derzeit 4 Mrd. (1978: 1,25 Mrd.) Schilling Unfallheilbehandlungskosten viel zu viel sind. Aber: die Zahl der Arbeitsunfälle ist allein von 1998 auf 1999 um 4% zurückgegangen · eine

Entwicklung, die sich bereits in den vergangenen 20 Jahren tendenziell abgezeichnet hat: 1978 waren es knapp 180.000 Schadensfälle bei 2,5 Millionen erwerbstätigen Versicherten, 1998 sind es 125.000

Schadensfälle bei 2,8 Millionen Versicherten.

Rund 12 Mrd. Schilling Jahresbudget gilt es zu verwalten, aber noch mehr: sparsam und sinnvoll die Investitionen zu gestalten und neue Herausforderungen anzunehmen.

Budgetsteigerung ohne

Beitragsanhebung

Daß das in öffentlichen Unternehmen mitunter noch schwieriger ist als in der Privatwirtschaft, hat Thiel in den vergangenen Jahren mehr als deutlich erlebt. So mußte er insgesamt 11 Mrd. Schilling

an den Pensionsversicherungsfonds "abzweigen" lassen · per Nationalratsbeschluß. Umso größer das Wunder, daß Thiel und sein Management sowie die Mitglieder der Selbstverwaltung eine stetige

Steigerung der jährlichen Präventionsbudgets vornehmen konnten, ohne in den letzten Jahren den (Unternehmer-)Beitragssatz von 1,4% der Lohnsumme ernsthaft in Frage zu stellen. So wuchs seit 1978 der

Präventionsaufwand von damals 96 Mill. Schilling auf 411 Mill. Schilling 1998.

Die flächendeckende sicherheitstechnische Betreuung der Klein- und Mittelbetriebe bis 50 Mitarbeiter seit Jahresbeginn 1999 sieht der energiegeladene AUVA-Generaldirektor als "Riesenherausforderung,

die wir mit einem vernünftigen Konzept und unserem Know-how in der Unfallverhütung gerne angenommen haben!"

Doch nicht nur in der Prävention hat Thiel große Weichenstellungen vornehmen können. In seiner Amtszeit sind die Rehabilitationszentren Weißer Hof bei Klosterneuburg, Tobelbad bei Graz, die

Unfallkrankenhäuser Graz und Kalwang, das Unfallkrankenhaus Lorenz Böhler und die Verwaltungsstelle und das Unfallkrankenhaus Salzburg errichtet bzw. modernisiert worden. Die AUVA Unfallkrankenhäuser

Meidling, Salzburg, Klagenfurt Linz und das Rehabilitationszentrum Bad Häring/Tirol werden modernisiert bzw. stehen kurz vor der umfassenden Erneuerung.

Nicht ohne Stolz sieht Wilhelm Thiel dem neuen Jahrtausend entgegen: "Bis 2002 werden wir alle unsere Einrichtungen österreichweit auf den neuesten Stand gebracht haben".

Die "Mutmacher-

organisation" der AUVA

Im Mittelpunkt steht für Thiel immer der Mensch: So wurde der Behindertensport in den vergangenen 20 Jahren von einer Amateurgruppe zu einer hochprofessionellen Organisation gepusht und damit zu

einer "Mutmacherorganisation" für alle jene, die aufgrund ihrer körperlichen Verfassung spezielle Sporteinrichtungen, Förderungen und Hilfestellungen brauchen. Ähnlich die Rehabilitationsarbeit:

abgesehen von den großartigen medizinischen Leistungen der vergangenen 20 Jahre, an denen AUVA-Ärzte, Therapeuten und Pflegekräfte mitgewirkt haben, wurde auch der "Weg zurück ins Leben" um einiges

erleichtert.

Gab es in den siebziger Jahren keine Behindertenwerkstätten, arbeiten heute rund 1.000 Menschen in solchen Einrichtungen. "Mehr Jahre ins Leben · mehr Leben in die Jahre", ist einer der Wahlsprüche

Wilhelm Thiels, der sich auch nach 20 Jahren AUVA eisern daran hält.

Und letztendlich wird auch High-Tech in den Unfallkrankenhäusern der AUVA für Menschen entwickelt. So sind jährlich rund 300.000 PatientInnen ambulant oder stationär in den sieben AUVA-

Unfallkrankenhäusern, dem Krankenhaus für interne Berufskrankheiten oder in den vier Rehabilitationszentren behandelt worden.

Weltweit einmalig ist das Picture Archieving System (PACS), derzeit im Unfallkrankenhaus Lorenz Böhler im Einsatz, entwickelt von Ärzten und Informatikern der AUVA. Es ermöglicht ohne zusätzliche

Strahlenbelastung die Vergrößerung, Bearbeitung und damit beste · auch dislozierte · Befundung von Röntgenaufnahmen. "ASTRA", ebenfalls von den AUVA-Fachleuten entwickelt, ist schon seit mehreren

Jahren im Einsatz, kommt ebenfalls, dank zuverlässiger und rascher Datenerfassung, Patienten wie Mitarbeitern in den AUVA-Einrichtungen zugute.

"Wie macht das

der Thiel?"

"Nicht ich, sondern 4.800 hochmotivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind die Basis für die positive Entwicklung", schiebt der Generaldirektor Komplimente zur Seite. Die Kraft für seine

Tätigkeit · er bleibt für die AUVA in mehreren internationalen Präventions- und Sicherheitsgremien tätig · schöpft er aus seiner Familie. Und vor allem seine Tochter · nun knapp drei Jahre alt ·

sorgt dafür, daß er nichts mehr tierisch ernst nimmt und daß sogar seine Lieblings-Freizeitbetätigungen · Golf und Tennis · nur mehr unter ferner liefen rangieren.