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ÖVP und FPÖ sind sich einig: Für das Jahr 2003 soll es ein gesetzliches Budgetprovisorium geben. Noch in der Vorwoche hatten FPÖ, SPÖ und Grüne einen entsprechenden Vorschlag der Volkspartei abgelehnt.
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Eines wollte Wolfgang Schüssel nach der gestrigen Sitzung des Ministerrats klarstellen: Er stehe als Bundeskanzler und nicht als Parteiobmann vor den JournalistInnen. Koalitionsspekulationen blieben dennoch nicht aus. Denn nach der Einigung auf ein gesetzliches Budgetprovisorium könnte theoretisch eine ÖVP-Minderheitsregierung über das Jahr kommen.
Noch in der Vorwoche hatte die FPÖ - wie die Opposition - ein Budgetprovisorium abgelehnt. Dies wäre eine Vorleistung für eine Minderheitsregierung, lautete das Argument von Klubobmann Karl Schweitzer. Gestern begründete FPÖ-Obmann Herbert Haupt den Meinungsumschwung damit, dass seiner Partei die Zahlen erst jetzt umfassend vorlägen. Ursprünglich habe er befürchtet, dass in seinem Ressort mit den reduzierten Mitteln manche Projekte nicht durchführbar wären.
Dass der gestrige Beschluss auf eine ÖVP-Minderheitsregierung hinweisen könnte, wollte Haupt nicht sehen. Zwar könnte mit einem Budgetprovisorium sehr lange regiert werden, doch die Geduld von Bundespräsident Thomas Klestil sei wohl auch beschränkt, meinte der FPÖ-Obmann. Und er selbst wolle auch nicht bis zum "St. Nimmerleins-Tag" verhandeln.
"Ich strebe keine Minderheitsregierung an", betonte denn auch Schüssel. Es gehe vielmehr darum, dass Österreich zu jeder Stunde eine voll handlungsfähige Regierung habe. Zudem bringe ein gesetzliches Provisorium bessere Konditionen auf den Finanzmärkten als ein automatisches.
Während die Grünen die Einigung nicht unbedingt als Indiz für eine Minderheitsregierung sondern eher als "Anbiederung" der FPÖ an die ÖVP sahen, waren für die SPÖ zwei Interpretationen zulässig. Vorsitzender Alfred Gusenbauer wollte zwar vorerst keine Stellungnahmen abgeben. Doch für Budgetsprecher Christoph Matznetter bedeutet die Zustimmung der FPÖ entweder konkrete Koalitionsvorbereitung oder Duldung einer Minderheitsregierung.
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Ein gesetzliches Budgetprovisorium, auf dessen Beschluss sich ÖVP und FPÖ verständigt haben, bedeutet für den Staat ein Wirtschaften mit den Ansätzen des Vorjahres. Für das gesetzliche Budgetprovisorium 2003 bedeutet das konkret einen Ausgabenrahmen von 60,4 Milliarden Euro. Fünf Prozent der Ermessensausgaben - laut dem Leiter der Budgetsektion im Finanzministerium, Gerhard Steger, entspricht dies 355 Millionen Euro - sollen aber gebunden sein, dürfen also ohne eigene Ermächtigung nicht ausgegeben werden.
Der wesentliche Vorteil eines gesetzlichen gegenüber einem automatischen Budgetprovisorium ist für den Vollzug das Wegfallen der 50 Prozent-Grenze für die Aufnahme neuer Finanzschulden. Diese Grenze würde nach Angaben Stegers voraussichtlich Anfang April erreicht. Die Konsequenz wäre, dass der Bund seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr zur Gänze nachkommen kann. Der Ausgabenrahmen für das gesetzliche Budgetprovisorium 2003 wird voraussichtlich bei den 60,4 Mrd. Euro liegen, die im Vorjahr - inklusive Abgeltung der Hochwasserschäden - vorgesehen waren.