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Nur kurz wurde - mit Ausnahme der "Wiener Zeitung" - in den österreichischen Medien der Schritt Schwedens zur Kenntnis genommen, die Wehrpflicht abzuschaffen. Als Gründe werden "Professionalisierung" und "bessere Effizienz" genannt.
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Spricht man mit Experten, sind die Gründe allerdings andere: Budgetknappheit verhindert es, volle Kontingente einzuberufen, auszubilden und auszurüsten. Die zu kurze Wehrdienstzeit verbietet eine sinnvolle Ausbildung und Nutzung. Es kommt eine männliche Jugend zur Musterung, die übergewichtig, egoistisch, teilweise ungebildet ist, die Wehrdienst und Disziplin als Strafe betrachtet. Die einzigen Jugendlichen, die noch mit Stolz einrücken, sind die Kinder von Zuwanderern und Gastarbeitern. Angehende Unteroffiziere brauchen Nachhilfe in ihrer deutschen Muttersprache und bei den Grundrechnungsarten.
Bedenklich sind Statistiken betreffend der zu den Stellungen beorderten jungen Männer: Rund 30 bis 40 Prozent sind europaweit im Schnitt untauglich, teilweise wegen körperlicher Beeinträchtigung wie Übergewicht, Drogenkonsum, Alkoholismus, wegen Sport- und Unfallschäden. Dies mag auch ein Grund sein, warum in EU-Europa nur mehr ganz wenige Staaten an der Wehrpflicht festhalten und man bei der deutschen Bundeswehr zugibt, dass sechs Monate Ausbildung so gut wie keine Ausbildung ist. Aber das Militär eines Staates und dessen Qualität ist immer ein Spiegelbild der nationalen (und EU-) Politik.
Dass man, trotz der ohnedies geringen Streitkräfte, mangels Wehrbereitschaft und Wehrfähigkeit der männlichen Jugend auf Mädchen zurückgreift, ist ein bedenkliches Zeichen, ein irrtümlich als "Gleichberechtigung" verkauftes Armutszeugnis für einen Staat. Dazu kommt die Wirtschaft, die sagt, die Jugendlichen fehlen ihr; dann Politiker, die das Militär heruntermachen und von Friedensdienst und Assistenzen sprechen und billige Hilfsarbeiter meinen.
Ein US-General sagte voriges Jahr zu mir, es sei sonderbar, wenn europäische Staaten ständig erklären, man könne sich nicht mehr allein gegen die vielen Bedrohungen von außen verteidigen und müsse daher der Nato beitreten; kaum in der Nato, sagen diese Staaten dann, es gäbe keine Gefahren und man könne daher das Militär bis auf Restkontingente abschaffen.
Berufsarmeen haben einen hohen Erneuerungsbedarf: So werden in den USA alle drei Jahre rund 38 Prozent der Soldaten erneuert; auch Ausbildung und Bezahlung werden immer teurer. Und: Es ist bedauerlich, dass sich 99 Prozent der Bevölkerung von 1 Prozent Soldaten verteidigen lassen wollen. Allerdings, auf Österreich bezogen, hätten das Bundesheer und die Miliz dann zusammen 82.000 Mann und nicht 35.000...
Friedrich Korkisch ist Leiter des Instituts für Außen- und Sicherheitspolitik in Wien.