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Vor dem Beginn des Krieges mag man in Washington und in London vielleicht die Hoffnung gehegt haben, dass die Blumenberge, mit denen die "befreite" irakische Bevölkerung die alliierten Truppen überhäuft, die größten Hindernisse auf dem Weg nach Bagdad sein würden. Nach eineinhalb Wochen Krieg darf sich niemand mehr den Illusionen hingeben, denen britische Militärs frönten, als sie meinten, man werde binnen vier Tagen in Bagdad sein. Jene, die vor einem militärischen Abenteuer im Irak nachdrücklich gewarnt haben und dafür von Bush, Rumsfeld & Co heftige Kritik geerntet haben, werden durch die Ereignisse bestätigt.
Die politischen "Kollateralschäden" der Irak-Invasion werden mit jedem Kriegstag deutlicher. Da verwahrt sich der polnische Verteidigungsminister Jerzy Szmajdzinski gegen allzu großes Lob von US-Seite und zeigt sich unglücklich darüber, wie seine Spezialkräfte für Propaganda missbraucht werden. Italiens Premier, der der Opposition im Parlament beteuerte, dass die US-Truppen zwar die italienischen Basen benutzen dürfen, aber nie und nimmer von dort direkt in den Kriegseinsatz kommen, wurde von Bush im nächsten Augenblick klar widerlegt. Zuvor hatte Berlusconi noch kräftiges Lob aus Washington eingeheimst, obwohl er nicht mehr tut als die deutsche Regierung, die seit Monaten für die Kriegsbefürworter in der US-Administration den Watschenmann spielen darf. Und Tschechiens neuer Präsident Vaclav Klaus, immerhin einer aus der sogenannten "Koalition der Willigen", ließ die USA wissen, dass Krieg kein geeignetes Mittel ist, um Demokratie in ein anderes Land zu exportieren.
Dass das forsche amerikanische Auftreten die arabischen und muslimischen Staaten überall in der Welt verärgern würde, war vorauszusehen. Die diplomatischen Elefanten verärgern aber zusehends auch die "Willigen" und Wohlgesinnten. Die Probleme mit der Türkei - die nicht unwesentlich zur derzeitigen militärischen Lage im Norden Iraks beigetragen haben, gehen ebenso auf dieses Konto, wie die klaren Absagen auf die Wünsche nach Schließung irakischer Botschaften, die die USA in den letzten Tagen etwa aus Bulgarien und der neutralen Schweiz hinnehmen mussten.