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Willkommen in der Konservenküche

Von Judith Belfkih

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Alle Welt will live ins Fernsehen. Alle Welt? Nein, ein kleines Dorf im Burgenland, am Westufer des Neusiedler Sees, widersetzt sich. Es will partout nicht mehr vor die Kameras: Mörbisch. Genauer die Seefestspiele Mörbisch, konkret die neue Intendantin ebendieser.

Die diesjährige Premiere bei den Seefestspielen wird nicht live im ORF gezeigt. Kein Resultat des Sparkurses am Küniglberg, sondern ausdrücklicher Wunsch der Neo-Intendantin. Wer sehen will, was die Seebühne heuer zu bieten hat, muss ins Burgenland pilgern und sich von Mücken umgarnen lassen. Oder warten, dass irgendeine Aufzeichnung, vielleicht, irgendwann im Herbst oder im Fasching doch noch gesendet werden wird.

In den letzten Jahren seien die Besucherzahlen gesunken, dem wolle sie entgegenwirken, so Dagmar Schellenberger. Wenn die Tante Elfriede aus Linz die Premiere schon vom Sofa aus gesehen hat, warum soll sie sich noch auf den Weg machen? Ob man Operette mag oder nicht, die Rechnung ist einfach: 435.000 Zuseher sahen die Premiere in Mörbisch letzten Sommer insgesamt, heuer werden es 429.000 weniger sein. Und zwar die, die im Vorjahr via ORF live dabei waren. Die haben sich wohl nicht gleich auf den Weg gemacht. Aber vielleicht Karten fürs nächste Jahr bestellt.

Selbstvermarktung scheint nicht die Stärke der neuen Intendantin zu sein. Sommertheater braucht Sommer, live ist live, der Glanz einer Premiere kann durch ein Irgendwann im Fasching nicht ersetzt werden. Keine Promis zum Ausrichten, kein Glamour zum Sonnen, Willkommen zurück in der Konservenküche. Frisch gekocht war gestern.Seite21