Eine SPÖ-Neos-Koalition wird beide Seiten glücklich machen, die Grünen in die Opposition zu schicken ist aber für Rot gefährlich.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 4 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Mit den Neos hat die SPÖ den billigsten, aber auch den mutigsten Weg für Koalitionsverhandlungen beschritten. Im Verband mit dem schwächsten möglichen Partner wird sie nach Lust und Wonne schalten und walten können. Für die Pinken ist eine Regierungsbeteiligung in Wien wiederum die Chance, die Partei bundesweit zu festigen.
Günstig sind die Neos deshalb, weil sie mit weniger zufriedenzustellen sind, als alle anderen. Hätte die SPÖ den Grünen oder der ÖVP zwei Stadträte geben müssen, wird es bei den Neos ein einziger werden - aller Voraussicht nach Bildung. Dieses Ressort ist zudem auch noch recht dankbar für die Roten: Islam-Kindergärten und migrationsdominierte Schulklassen sind ein beliebtes Angriffsziel von rechts. Zudem ist es schwer, das Thema in politische Währung umzumünzen.
Willst du diesen Inhalt sehen? Gib den anderen Cookies grünes Licht.
Wenn die Neos beispielsweise planen, als Sofortmaßnahme 40 Millionen Euro zusätzlich in Brennpunktschulen zu investieren, dann ist das einige Sympathiemeldungen wert. Daraus realpolitischen Profit zu schlagen ist hingegen schwerer. Funktionieren die Schulen gut, ist es das, was jeder erwartet. Tun sie das nicht, gibt es einen Sündenbock, der nicht SPÖ heißt. Da war das Verkehrsressort der Grünen mit Mariahilfer Straße, Pop-Up-Radwegen und Heumarkt schon ein anderes Kaliber.
Mutige Koalition
Mutig ist eine Koalition mit den Neos deshalb, weil die Grünen für die SPÖ in der Opposition sehr gefährlich werden können. Halte deine Freunde nah, aber deine Feinde noch näher, besagt ein geflügelter Spruch, an den sich Ludwigs Vorgänger Michael Häupl gehalten hat. Als Juniorlinke in der Stadtregierung war es für die Grünen ungleich schwieriger, das eigene Profil zu schärfen, als es das künftig der Fall sein wird. Bei der Vorbereitung auf die nächste Wahl werden für die Grünen auch die zehn Jahre in der Stadtregierung nützlich sein, in denen sie ausreichend wertvolle Einblicke in die Verwaltung erhalten haben. Sie wissen, wo was nicht so gut läuft oder wer dazu tendiert, vorgegebene Regeln vielleicht etwas weiter zu interpretieren. Ebenso wichtig ist die Beamtenebene. Während ihrer Regierungszeit haben etliche Grün-Anhänger Einzug in die Verwaltung gehalten. Auch hier liegt Potenzial, Missstände aufzudecken und politisch zu vermarkten. Eines ist jedenfalls sicher: Im nächsten Wahlkampf werden die Grünen aus allen Rohren schießen.
Genau dagegen sind die Neos interessanterweise der beste Partner für die SPÖ. Denn die Pinken haben in diesem Wahlkampf sehr viele grüne Themen präsentiert. Von Investitionen in den Klimaschutz über die Forderung von Radschnellwegen bis hin zur Renaturierung zubetonierter Bäche und Flüsse lesen sich viele rosa Forderungen wie das Grüne Parteiprogramm. Gepaart mit dem expliziten Wunsch der SPÖ, mehr Geld im Kampf gegen den Klimawandel aufwenden zu wollen, wird hier wohl das Loch in der Mauer gestopft, das die Grünen erwartbarer Weise durchbrechen wollen.
Bildung und Klimaschutzinitiativen werden die Chance der Neos sein, sich bei knapp einem Viertel der österreichischen Wählerschaft als nette Partei von nebenan zu präsentieren und weg vom Image der knallharten Bonzenpartei zu kommen, die das Wasser liberalisieren möchte. Gelingt das, könnte man auch auf Bundesebene die Wählerschaft ausbauen.