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Wind der Veränderung

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Hannes Androschs Herbststurm ist beim Bildungsvolksbegehren zwar ausgeblieben, aber das Thema eignet sich ohnehin eher für einen dauerhaft wehenden Wind. Nun lautet die große Frage: Wie können die Forderungen nach "besserer Bildung" weiter betrieben werden? Wie wird verhindert, dass die Anliegen nicht einfach - nach der parlamentarischen Behandlung - in irgendeiner Schublade abgelegt werden.

Denn die ersten Reaktionen darauf sind eher bestürzend. Bernd Schilcher hat recht, wenn er die aus der ÖVP-Zentrale kommende Häme über das Ergebnis "zynisch" nennt. Statt über Inhalte zu diskutieren wird bereits wieder gewohnheitsmäßig über den Begriff "Gesamtschule" gestritten. Genau diese überkommenen Reflexe haben ja zum Volksbegehren geführt. Es geht dabei eben nicht um ein Rasenmäher-Schulmodell, sondern um einen gerechten Zugang zu allen Bildungsstufen. In Oberösterreich wird beispielsweise von der Politik argumentiert, dass die dortigen Hauptschulen bessere Bildung vermitteln würden als die Unterstufe von Wiener Gymnasien. Abgesehen davon, dass derart generalisierte Aussagen ohnehin Unsinn sind, stehen Hauptschülern obligatorisch trotzdem keine universitären Bildungswege offen.

Um das zu erreichen, braucht es ein gemeinsames Leistungsniveau aller 15-Jährigen - das ist Gesamtschule. Und die Ganztagsbetreuung ermöglicht auch sozial benachteiligten Familien, ihre Kinder in der Schule zu belassen. Das ist nicht "Gleichmacherei", sondern Gerechtigkeit.

Beispiel 2: In manchen Bundesländern wird die eigentlich beschlossene größere Autonomie von Schulen offen torpediert - Parteipolitiker wollen sich die Entscheidung, wer wo Schuldirektor wird, partout nicht aus der Hand nehmen lassen. Auch dies ist kein besonders reformfreudiges Zeichen.

Und wenn ÖGB-Chef Erich Foglar den Ausgang des Volksbegehrens wohlwollend kommentiert, so sollte er doch besser auf die Lehrergewerkschaft einwirken, etwas flexibler zu sein.

Das Bildungsvolksbegehren mag nicht jenen "Sturm" entfacht haben, den sich sein Initiator Androsch zuletzt gewünscht hatte, aber schon die ersten Reaktionen darauf sind der schlagende Beweis dafür, dass dessen Anliegen unbedingt weiter unterstützt werden müssen.