Vor einem Jahr, am 7. April 2000, ist die Europäische Beobachtungsstelle für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (EUMC) in Wien offiziell eröffnet worden. Die Leiterin der Monitoring-Stelle, Beate Winkler, zieht im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" eine positive Zwischenbilanz. In Sachen Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Rassismus sei eine politische Orientierung notwendig, fordert Winkler.
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"Wir sind kein Schnellboot - was wir manchmal sicherlich lieber wären", sagt Beate Winkler. Bereits 1997 wurde die Beobachtungsstelle für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit von der Europäischen Union gegründet ("European Monitoring Centre on Racism and Xenophobia", daher die Abkürzung EUMC). Erst im vergangenen Jahr wurde EUMC zwar in der Wiener Hofburg, aber - auf Wunsch des EUMC-Verwaltungsrates - ohne dem Beisein von Politikern eröffnet. Einzige Ausnahme: Außenministerin Benita Ferrero-Waldner hielt die Eröffnungsrede. Zwei Monate nach dem Antritt der ÖVP-FPÖ-Regierung, die sogleich von den 14 EU-Partnern mit bilateralen Maßnahmen verurteilt wurde, wirbelte die EUMC-Inauguration im Vorfeld einigen Staub auf.
Soll doch EUMC eine Bestandsaufnahme über rassistische Erscheinungen in den EU-Ländern liefern und mögliche Gegenstrategien entwickeln. Die FPÖ wolle mit fremdenfeindlichen Aussagen Wählerstimmen maximieren. Zu diesem Befund steht Winkler ("ich habe von Anfang an gewusst, dass ich zwischen allen Stühlen sitzen werde") nach wie vor, wenngleich sie sich im Interview mit kritischen Äußerungen zurückhält. Angesprochen auf die Äußerung Jörg Haiders über Ariel Muzicant (die "Wiener Zeitung" berichtete) meint Beate Winkler nur: "Wir hätten uns eine raschere Verurteilung der Aussage" durch Bundeskanzler Schüssel gewünscht. "Die Aufgabe der Politik ist es, eine klare Orientierung vorzugeben."
Kernstück der EUMC-Arbeit ist das Informationsnetzwerk "RAXEN": In allen 15 Mitgliedstaaten sollen bis Jahresende Koordinationsstellen errichtet werden, sieben nationale Vertretungen gibt es bereits. Hierzulande kooperiert EUMC etwa mit dem Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes und mit der Akademie der Wissenschaften. "Daneben haben wir viel Überzeugungsarbeit zu leisten." Ob sich Winkler dabei von Österreich ausreichend unterstützt fühlt? "Man kann nie genug Unterstützung bekommen."
"Natürlich" könne die Rassismus-Beobachtungsstelle auch Konkretes tun, etwa Empfehlungen und Argumentationshilfen an Politiker, etwa des Europäischen und der nationalen Parlamente, geben. Würde sich EUMC nur auf die Analyse beschränken, könne die Arbeit nicht erfolgreich sein. Wenn nur Negatives aufgezeigt werde, so werde dieses gleichzeitig gefördert. Etwa in der Debatte um Übergangsfristen vermisst sie eine Offensive zu Gunsten der EU-Osterweiterung. Es gebe Ängste in Teilen der Bevölkerung; durch die Vergrößerung der Union werde die Situation für Minderheiten schwieriger. Aber eine größere Union biete auch größere wirtschaftliche Möglichkeiten und Chancenvielfalt, so Winkler. Die Vorbereitung der Gesellschaft auf die Zukunft könne nicht mit einer Politik vom "Elfenbeinturm" aus bewältigt werden.
Das Aufzeigen von Rassismus bedeute, so die EUMC-Leiterin, eine langfristige Arbeit, "für die man einen langen Atem braucht". Und den scheint sie zu haben. "Ungeduld gehört dazu, weil man etwas bewegen muss." Winkler meint viel bewirken zu können, "aber nicht so viel, wie notwendig und für die europäische Gesellschaft wünschenswert wäre."
EUMC im Internet: www.eumc.at