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Winzern stoßen EU-Pläne sauer auf

Von Rainald Edel

Wirtschaft

EU-Produktion soll gekürzt, Exporte angekurbelt werden. | Winzer: Unterschiede zwischen Qualitäts- und Tafelwein verwässert. | Wien/Brüssel. Die EU-Kommission konnte sich am Mittwoch nach langer Diskussion auf den Reformvorschlag zur Weinmarktordnung von EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer-Boel einigen.


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Darin vorgesehen ist eine Neuverteilung der Budgetmittel. Bisher wurden 80 Prozent der 1,3 Mrd. Euro, die von der Gemeinschaft jährlich für den EU-Weinmarkt ausgegeben werden, zur Bekämpfung des Überschusses verwendet. Dies geschah entweder durch Rodung von Weingärten oder durch Destillation der unverkäuflichen Mengen zu reinem Alkohol, der beispielsweise Benzin beigemischt wurde.

Wie aus der am Mittwoch vorgestellten neuen Marktordnung hervorgeht, sollen ab 2008 die eingesetzten Mittel effizienter genutzt werden. Damit soll der europäische Wein, der etwa 60 Prozent der weltweiten Produktion stellt, wettbewerbsfähiger werden, sagte Wolfgang Burtscher von der EU-Generaldirektion Landwirtschaft in Wien.

Mehr Subsidiarität

Kernstück der EU-Weinmarktreform ist ein so genannter nationaler Finanzrahmen, in den künftig 62 Prozent der Mittel fließen sollen. In die österreichische Weinwirtschaft werden aus diesem Titel zwischen 2009 und 2013 etwa 50 Mio. Euro fließen, plus weitere 15 Mio. Euro in die ländliche Entwicklung. Damit soll den Mitgliedstaaten mehr Spielraum für die Absatzförderung in Drittstaaten, Umstellung von Rebflächen oder neue Maßnahmen zur Krisenbewältigung - etwa die Versicherung gegen Naturkatastrophen - ermöglicht werden.

Weniger Fläche

In einem ersten gemeinsamen Schritt sollen finanzielle Anreize helfen, innerhalb der nächsten fünf Jahre nicht wettbewerbsfähige Weinerzeuger zum Ausscheiden aus dem Markt zu bringen. Geplant ist eine Reduktion der Anbaufläche um fünf Prozent (200.00 Hektar). Einschränkungen soll es nur in Berggebieten und Steillagen oder aus Umweltgründen geben.

"Österreich hat jedoch nach dem Weinskandal der 1980er-Jahre gezeigt, dass man ohne Flächenstilllegungen, nur durch Qualitätssteigerungen, aus einer Kriese kommen kann. Die EU soll sich an uns ein Beispiel nehmen", kritisiert Josef Pleil, Präsident des Österreichischen Weinbauverbandes. Pleil stoßen auch andere Punkte der EU-Pläne sauer auf: Etwa das geplante Verbot der vor allem in Österreich und Deutschland gängigen Praxis der Aufbesserung des Weins mit Zucker. Erlaubt, aber nicht mehr gefördert, wird die Versüßung durch Traubensaftkonzentrat.

Andere Etiketten

Von der Kommission ist 2013 die Abschaffung der Pflanzungsbeschränkung geplant. Damit sollen erfolgreiche Erzeuger expandieren können, sofern es für ihren Wein einen Markt gibt. Für Gebiete mit geschützten geografischen Bezeichnungen soll es aber Beschränkungen geben.

Pleil ortet hinter dieser Maßnahme eine Verlagerung der Anbauflächen von arbeitsintensiven Steilhängen zu maschinell einfach zu pflegenden Rieden in der Ebene.

Verändert werden soll auch die Etikettierungsvorschrift. Künftig kann auch auf qualitativ minderwertigen Tafelwein Sorte und Jahrgang aufgedruckt werden. Dadurch wird es laut Weinbauverband für Konsumenten schwierig, zwischen Qualität- und Tafelwein zu unterscheiden.

Zur Erschließung neuer Hoffnungsmärkte wie Russland, China oder Indien möchte die EU-Kommission 120 Mio. Euro ausgeben. Pleil wertet diesen Betrag angesichts der Größe dieser Märkte als "Tropfen auf dem heißen Stein". Seiner Meinung nach müsste die Kommission 50 Prozent ihres Wein-Budgets in die Erschließung neuer Märkte stecken. "Tun wir es nicht, machen Australien, Neuseeland oder die USA das Rennen".

Der Kommissionsentwurf soll den Agrarministern am 16. Juli zum Beschluss vorgelegt werden. Ob er planmäßig 2008 in Kraft tritt, ist aber noch ungewiss. Der deutsche Landwirtschaftsminister Horst Seehofer signalisierte bereits Ablehnung.