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"Wir alleine können die Sanktionen nicht aufheben"

Von Veronika Eschbacher

Politik

Mitterlehners Sanktionskritik erfreute die staatsnahen russischen Medien.


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Moskau/Wien. In dem für russische Nachrichtensendungen gewohnten Schnellsprech ratterte die Moderatorin des Ersten Kanals des Staatsfernsehens die Nachricht über den Besuch des österreichischen Wirtschaftsministers Reinhold Mitterlehner in Moskau herunter. "Die Gasleitung Nord Stream 2 erlaubt, Europas Versorgung mit russischer Energie sicherer zu machen, erklärte heute der Vizekanzler der österreichischen Republik, Reinhold Mitterlehner, bei einem Treffen mit Dmitri Medwedjew. Der Regierungschef erklärte seinerseits, dass Russland und Österreich verlässliche Partner bleiben, auch angesichts der derzeitigen schwierigen Weltwirtschaftslage." In diesem Zusammenhang, so die Moderatorin weiter, "haben die Gesprächspartner ein weiteres Mal auf den destruktiven Charakter der anti-russischen Sanktionen hingewiesen."

Die Sanktionen, sagte Medwedjew in dem Nachrichtenbeitrag zu Mitterlehner, brächten niemandem etwas Gutes. Alle, mit denen sich der Premier in der vergangenen Zeit getroffen habe - sei es aus der Führung der EU oder einzelner Staaten und Regierungen -, hätten ihm gesagt, sie seien schlecht, keiner hätte von positiven Resultaten gesprochen. "Nichtsdestotrotz geht die Geschichte weiter", sagte Medwedjew und zuckte leicht mit den Schultern.

40 Prozent weniger Exporte

Mitterlehner erinnerte in Moskau daran, dass Österreich und Russland immer sehr gute Kontakte gehabt hätten. "Bedauerlicherweise haben wir mit der Einführung der Sanktionen, die ein Faktum sind, einen Rückschritt erlitten. Die Handelsbeziehungen sind zurückgegangen, auch die direkten Investitionen." All das sei "sehr nachteilig", so der Vizekanzler. Und fügte hinzu: "Wir alleine können die Sanktionen nicht aufheben." In der Tat hat die politische Krise Spuren hinterlassen: Österreichs Exporte nach Russland sind 2015 um rund 40 Prozent eingebrochen. Das liegt am schwachen Rubel, aber auch den Sanktionen.

Worte der Kritik Mitterlehners an Russland - sei es an der Annexion der Krim oder an der Rolle, die Russland im Konflikt in der Ostukraine spielt - waren weder im Beitrag des Staatsfernsehens noch etwa auf "Russia Today" zu finden. Dafür gab es eine kleine Mahnung für die Ukraine: Eine Aufhebung der Sanktionen sei "eine Angelegenheit des Minsker Prozesses. Wir hoffen, dass hier Fortschritte erzielt werden, wir wissen natürlich auch, dass hier die Ukraine eine wichtige Rolle hat, um den Vertrag zu erfüllen", sagte Mitterlehner.

Das russische Wirtschaftsportal RBK titelte nach dem Treffen Mitterlehners mit seinem Amtskollegen Alexej Uljukajew: "Österreich erklärte seine Absicht, den Effekt der Sanktionen gegen Russland zu verkleinern". Ein russischer Twitter-Nutzer teilte den Artikel mit den Worten: "Cool, alle lieben Russland, jeder braucht unser Gas."

Fischer im April in Moskau?

Tags davor hatte der Vizekanzler erklärt, er habe den Minsker Ukraine-Friedensprozess und auch das Thema Syrien gegenüber dem russischen Vizepremier Dmitri Kosak angesprochen. Der Fokus der zweitägigen Reise lag aber offenbar klar im Bereich Wirtschaft: Insgesamt wurden 26 Investitionsvorhaben mit einem Volumen von vier Milliarden Euro angebahnt. Nach dem Gespräch mit Energieminister Alexander Nowak und Gazprom-Chef Alexej Miller sagte Mitterlehner laut Ria Nowosti, in den Gesprächen bezüglich der Gaspipeline Nord Stream 2 - an dieser will sich die OMV beteiligen - habe man "sehr positive Resultate" erzielt. Details jedoch blieb er schuldig.

Mitterlehner rechtfertigte seinen Besuch auch damit, dass Politiker aus Frankreich oder Deutschland ebenso nach Russland reisen. In der Tat befand sich am Mittwoch auch Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer auf dem Weg nach Moskau. Vor seiner Abreise zu einem geplanten Gespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin warb auch der CSU-Chef für eine Lockerung der Sanktionen "in überschaubarer Zeit". Und auf Seehofer könnte wieder ein Österreicher folgen. Denn Medwedjew erklärte, er erwarte eine Visite von Präsident Heinz Fischer noch im April. "Wir harren seines Besuches", sagte der Premier.