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"Wir bedauern" - Ein Rechenfehler und seine globalen Konsequenzen

Von Claudia Peintner

Analysen

"Es kann immer wieder passieren, dass man sich einmal verrechnet. Was nicht passieren darf, ist, dass man die Relationen aus den Augen verliert". Diese weisen Worte stammen von einem Mathematikprofessor an einer Wiener AHS. Dass sie nicht nur auf Schularbeiten zutreffen, sondern auch eine globale Dimension haben, zeigt die jüngste Verfehlung des Internationalen Währungsfonds (IWF): Bei der Berechnung der Auslandsschulden osteuropäischer Staaten habe es "Doppelzählungen und Eingabefehler" gegeben, gesteht der Fonds ein. Man bedaure die dadurch entstandene Konfusion..


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Was nach einem geringen Formalfehler klingt, hat massive Konsequenzen - speziell für Österreich, das im Osten mit Krediten in der Höhe von rund 80 Prozent des heimischen Bruttoinlandproduktes verstrickt ist. Zuletzt musste unser Land sich aufgrund des Osteuropa-Engagements und möglicher Kreditausfälle sogar in die Nähe des Staatsbankrotts rücken lassen. Der Zugang zu Finanzierungen für Unternehmen war schwieriger. Die Risikoaufschläge, die ein Staat abhängig von seiner Wirtschaftslage zahlen muss, um seine Schulden bezahlen zu können, sind in die Höhe geschnellt. Österreich rückte in die Nähe der schlechtesten Schuldner wie Griechenland oder Irland. Und das Image des Osteuropa-Pioniers war international angepatzt.

Peinliche Vorfälle wie der Rechenfehler werfen ein schiefes Licht auf den Währungsfonds: Die Washingtoner kommunizierten die Daten zu Jahresbeginn, als die Lage brenzlig war. Obwohl die osteuropäischen Notenbanker von Beginn an protestiert hatten, dass die Schuldenzahlen gravierend von ihren hausinternen Aufzeichnungen abweichen, ist der Währungsfonds erst jetzt mit dem Rechenfehler herausgerückt.

Dennoch: Abgesehen von der bedenklichen Rechenschwäche hat sich der IWF bisher in der Krise gut geschlagen. Um das Osteuroparisiko zu dämmen, wurden Lettland, Rumänien oder Ungarn rasch und großzügige Finanzierungshilfen zugesagt.

Positiv ist auch, dass die Datensammlung der mächtigen Institution für die Märkte nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Das hat sich zuletzt deutlich an der Wiener Börse gezeigt, wo - trotz des IWF-Schreckenszenarios - eine Erholung der Aktien von Erste Bank und Raiffeisen International zu sehen war.

Die Korrektur-Meldung aus Washington ist dieses Mal Balsam für die osteuropäischen Märkte und verstärkt die positive Investorenstimmung.

Ob die Stimmung auch auf menschlicher Ebene aufgehellt ist, wird sich nächste Woche zeigen. IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn besucht Finanzminister Josef Pröll in Wien.