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Wir beschenken uns jetzt selbst

Von Matthias Greuling

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Vor Weihnachten ist man ja milde gestimmt. Aber trotzdem ist diese Geschichte seltsam: Karl Markovics ist für sein Regiedebüt "Atmen" insgesamt sechs Mal für den Österreichischen Filmpreis nominiert. Karl Markovics ist - gemeinsam mit Barbara Albert - aber auch Präsident der Österreichischen Filmakademie, deren Mitglieder den Preis vergeben. Und Karl Markovics ist zudem Gründungsmitglied dieser Akademie und sitzt in ihrem Vorstand. Doch wer jetzt Böses denkt, ist vermutlich auf dem Holzweg. Denn "Atmen" hat bereits bei internationalen Filmfestivals die Hauptpreise abgeräumt, und dort wird mit absoluter Sicherheit unbeeinflusst beurteilt werden.

Oder nicht? Barbara Albert, die 2006 in der Jury des Locarno Filmfestivals saß, musste schnell wieder aus dieser austreten, als bekannt wurde, dass sie als Drehbuch-Beraterin und -Mitverfasserin am damaligen Wettbewerbsbeitrag "Das Fräulein" mitwirkte. Befangenheit nennt man das, und Albert zog gerade noch rechtzeitig die Notbremse. Der Film gewann später den Goldenen Leoparden, den Hauptpreis des Festivals.

Man steht, in einem kleinen Filmland wie Österreich, wohl zwangsläufig vor dem Problem, sich die Preise gegenseitig überreichen zu müssen - solange man nicht über den Tellerrand der Akademie-Mitglieder blickt. Die Selbstbeschenkungs-Orgie sollte zumindest nicht so hanebüchen vonstatten gehen. Karl Markovics müsste eigentlich bis zur Verleihung des Filmpreises am 27. Jänner sein Amt als Präsident der Akademie ruhend stellen. Denn diese schiefe Optik trübt die vorweihnachtliche Mildewaltung.