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"Wir brauchen keine Sprachregelung"

Von Katharina Schmidt

Politik

Landeschef sieht Antritt Dinkhausers zur Landtagswahl 2008 "gelassen". | Der ÖVP-Politiker über die Koalition, Pflege, Eurofighter und Südtirol. | Van Staa: Auch Höhere Schulen in Landeskompetenz. | "Wiener Zeitung": Was läuft falsch in der Tiroler ÖVP? Ist sie in ein "konservatives Korsett" geschnallt, wie Ihr Herausforderer Fritz Dinkhauser sagt?


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Herwig van Staa: Fritz Dinkhauser und seine Äußerungen sind wir gewöhnt. Früher hat er sich gegen die Bundes-ÖVP gerichtet, jetzt richtet er sich wieder einmal gegen die ÖVP auf Landesebene. Ich sehe diese Dinge sehr gelassen.

Sie glauben also nicht, dass es einer Erneuerung bedarf?

Seit ich Parteiobmann bin, haben wir einen unglaublichen Erneuerungsprozess durchgeführt. Die Partei ist sehr geschlossen, sowohl, was die Bünde, als auch, was die Bezirke betrifft. Mich verwundert nur, dass Dinkhauser jetzt gegen uns antritt, nachdem er 40 Jahre führend für die Landes-ÖVP tätig war.

Wo liegt dann der Grund für Dinkhausers Kandidatur?

Ich beschäftige mich nicht mit Ursachenforschung und der Verfasstheit Dinkhausers. Eine Interessenvertretung hat ganz andere Aufgaben als eine politische Partei, aber jedermann ist es unbenommen, eine eigene Liste zu erstellen.

Könnte der Streit die ÖVP-Mehrheit in Tirol kippen?

Die Tiroler ÖVP hat unter meiner Führung das beste Landtagswahlergebnis seit Eduard Wallnöfers (Landeshauptmann 1963-1987, Anm.) Zeiten erreicht.

Sie sagen immer, die Angst sei kein guter Ratgeber in der Politik. Die von der ÖVP herausgegebene Sprachregelung, wie mit der Causa Dinkhauser umzugehen ist, lässt anderes vermuten ...

Das war vom Parteisekretariat und nicht von mir initiiert. Hätte man mich gefragt, dann hätte ich gesagt, dass es nicht notwendig ist. Das Papier hätte "Stellungnahme" heißen müssen. Sprachregelungen brauchen wir keine.

Sie haben sich als einziger ÖVP-Politiker für die Unterstützung Heinz Fischers bei der Präsidentschaftswahl 2010 ausgesprochen. Gibt es keine für Sie gangbaren Kandidaten in der Volkspartei?

Wenn die Volkspartei einen Kandidaten aufstellt, dann werde ich den selbstverständlich unterstützen. Sollte Heinz Fischer kandidieren, dann wäre die ÖVP gut beraten, Heinz Fischer, der wirklich ein guter Präsident für alle Österreicher geworden ist, zu unterstützen.

Wie beurteilen Sie die Arbeit der großen Koalition auf Bundesebene?

Ich bin nicht dazu berufen, der Notengeber der Koalition zu sein. An den Ergebnissen gemessen ist es beachtlich, was man erreicht hat: Budget-Einigung, vorgezogene Verhandlungen zum Finanzausgleich, die Voraussetzungen für die Bundesstaatsreform wurden geschaffen.

Ein kurzer Wordrap: Ihr Kommentar zu ...

. . . Sozialminister Buchingers Pflege-Modell . . .

Das Modell ist ja keine Pflegemaßnahme an sich, sondern eine Reparatur des Beschäftigungsrechts von Ausländern. Die Pflege ist umfassender zu sehen: Wir brauchen eine gute ambulante Pflege zu Hause, das machen wir in Tirol seit 25 Jahren vor allem durch die Sozialsprengel. Es gibt betreutes Wohnen, dann haben wir die Pflege in den Heimen und die Hospizbewegung. Da könnte man sich an Tirol ein Beispiel nehmen.

... Eurofighter ...

Es ist für mich eine Selbstverständlichkeit, dass Staatsverträge wie der Eurofighter-Vertrag einzuhalten sind. Das Theater mit dem U-Ausschuss hat außer hohen Kosten nichts Inhaltliches gebracht - außer Merkwürdigkeiten im Umgang mit Beratungseinrichtungen.

... Gesamtschule ...

"Gesamtschule" ist ein ideologisch und parteipolitisch besetzter Begriff. Da unterstütze ich die Unterrichtsministerin, die hier ja eine andere Wortwahl getroffen hat. Wir werden in verschiedenen Regionen Tirols einen Schulversuch starten. Im Zusammenhang mit einer Bundesstaatsreform wäre ich dazu bereit, die Zuständigkeit für Pflichtschulen und Höhere Schulen in die Landeskompetenz zu übernehmen, wenn die Finanzierung vom Bund abgegolten wird.

... Kindergeld-Rückzahlung: ja oder nein?

Von der Rechtssituation her hat man hier Probleme, eine generelle Amnestie auszusprechen, wenn man nicht ein Verschulden seitens des Staates feststellt. Da wären ja all jene Menschen, die sich streng an die Gesetze gehalten haben, jene, die bestraft werden. Man sollte die Rückforderungen aufrecht erhalten, sollte aber eine Härtefallregelung einführen und darin auch die Härtefälle aus der Vergangenheit einbeziehen, die rechtsgemäß gehandelt haben. Also auch jene Menschen, die damals wegen der Zuverdienstgrenze kein Kindergeld beantragt haben, sollen dies nachträglich tun dürfen.

Südtirol-Frage ...

Wir sind als eines der wenigen Länder Europas ein geteiltes Land. Wir wurden nach dem Ersten Weltkrieg widerrechtlich auseinandergerissen, das ist eine bleibende Wunde im Tiroler Selbstverständnis. Durch die europäische Einigung ist uns eine sehr enge Zusammenarbeit mit Südtirol und dem Trentino gelungen. In den letzten Jahren haben sich die politischen und auch die wirtschaftlichen Verflechtungen sehr gut entwickelt.

Wer wird nach Ihnen Tiroler Landeshauptmann?

Da könnten Sie ja genausogut fragen, wer nach Erwin Pröll Landeshauptmann wird. Ich bin seinerzeit auf Wunsch von starken Parteikräften angetreten. Die Partei habe ich in einer der schwierigsten Situationen in der Nachkriegszeit übernommen. Ich habe von vornherein erklärt, dieses Land für zwei Perioden zu übernehmen. Ich habe keinen Wunschkandidaten für nachher, da sollen sich die führenden Leute zurücknehmen.