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"Wir brauchen viele neue Ideen"

Von Walter Hämmerle

Politik

Der künftige ÖAAB-Obmann im Interview. | Spindelegger: "Wir müssen breiter werden." | "Ziel, Unterschiede zwischen Arbeitnehmern zu beseitigen." | "Wiener Zeitung": Die Wahlvorschlagskommission hat Sie einstimmig als neuen ÖAAB-Obmann nominiert. Damit ist Ihre Wahl am Samstag beim Bundestag wohl nur noch Formsache. | Michael Spindelegger:Das letzte Wort haben die Delegierten, sie entscheiden.


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Die letzten Jahre waren gekennzeichnet von einem innerparteilichen Machtverlust des Arbeitnehmerflügels in der ÖVP. Bauern- und Wirtschaftsbund verstehen es effizienter, ihre Klientelinteressen durchzusetzen.

Die Vergangenheit ist nicht mein Thema, mir geht es darum, den ÖAAB für die Zukunft neu auszurichten, neue Perspektiven zu erarbeiten. Wir müssen uns breiter aufstellen: Mit dem öffentlichen Dienst haben wir einen guten Sockel, ich will aber auch leistungsorientierten Arbeitnehmern aus der Privatwirtschaft und der immer größer werdenden Gruppe der freien Dienstnehmer eine Anlaufstelle bieten. Dazu brauchen wir in erster Linie viele gute Ideen. Die Marktwirtschaft darf sich nicht wieder dorthin entwickeln, wo sie vor der Krise war - ich stehe für das System der menschlichen Marktwirtschaft.

Das ist leichter gesagt als getan - wo wollen Sie den Hebel ansetzen?

Es geht darum, das Ausbrennen der Arbeitnehmer zu verhindern. Hier bezahlen viele einen hohen gesundheitlichen Preis. Arbeitgeber brauchen dringend eine neue Qualität der Fürsorge für ihre Mitarbeiter. Ein weiterer Punkt betrifft die Flexibilität, das kann nicht immer nur zu Lasten der Arbeitnehmer geben. Ein Mittel dazu ist die Einführung eines Zeitwertkontos.

Angesichts mancher Auswüchse wird der Ruf nach Obergrenzen für Managergehälter lauter.

Das steht nicht in unserem Fokus. Ich verspreche mir mehr vom Modell der Mitarbeiterbeteiligung am Erfolg eines Unternehmens, das müssen wir ausbauen und dafür ist die betriebliche Ebene die richtige.

Sie fordern überhaupt eine stärkere Rolle der betrieblichen Ebene. Wollen Sie auch Kollektivverträge auf betrieblicher Ebene ausverhandeln?

Mir ist die Sensibilität dieser Diskussion bewusst, deshalb will ich sie sehr behutsam angehen. Es geht darum, Verbesserungen für Arbeitnehmer zu erreichen.

Angesichts der Weltwirtschaftskrise werden auch die Zweifel an der Marktwirtschaft größer. Brauchen wir in Österreich, in Europa Änderungen am bestehenden System, etwa was die Rolle des Staates betrifft?

Es werden ja bereits Ideen entwickelt, der jetzige Gipfel in Brüssel denkt etwa über eine neue, gestärkte Finanzmarktaufsicht nach. Auch eine EU-weite Finanztransaktionssteuer wäre ein wichtiger Beitrag, nicht zuletzt um die wegen der Krise gestiegenen Schulden wieder abtragen zu können. Insgesamt bin ich überzeugt, dass wir die Marktwirtschaft mehr nach den Bedürfnissen der Menschen ausrichten müssen, etwa über den Ausbau von Karenzmöglichkeiten für Pflege, Bildung, Kinder. Am Prinzip der Leistungsorientierung will ich damit aber keinesfalls rütteln.

Hat Österreich eigentlich zu viele Beamte?

Das muss man pragmatisch sehen. Deshalb werde ich auch jemanden damit beauftragen, die notwendige Verwaltungsreform aus Sicht der Dienstnehmer zu denken. Diesen Job wird Wiens ÖAAB-Chef Matthias Tschirf übernehmen.

Die Gleichstellung von Arbeitern mit Angestellten war ein großes Projekt der vergangenen Jahre. Wäre nicht die Abschaffung der Ungerechtigkeiten zwischen Mitarbeitern im geschützten und jenen im ungeschützten Sektor ein Zukunftsprojekt?

Das gilt es zu besprechen, natürlich muss es das Ziel sein, die Unterschiede zu beseitigen und nur noch von einem arbeitenden Menschen zu sprechen.